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strich erhalten, in Anbetracht, dass in diesen Beziehungen die Vergoldung
viel glücklicher wirkt und auch in guten Kunstperioden durchgängig an
gewendet worden ist, in Anbetracht dessen sollte auch unsere Gold
schmiedekunst reichlicher auf die Vergoldung zurückkommen, sei es allein,
total, oder in Verbindung mit Silbertönen. Wir wünschen aber noch
eine Art Farbe in diese edle Kunst wieder eingeführt und das ist durch
das Email und ebenso durch das Niello, Verzierungsweisen, von denen
sowohl das Mittelalter wie die Renaissance, und früher schon die byzan
tinische Kunst wie heute die überaus hoch stehende Goldschmiedekunst
der Indier einen so reichlichen und reizvollen Gebrauch gemacht haben.
Es kann die moderne Goldschmiedekunst nicht nachdrücklich genug darauf
aufmerksam gemacht werden.
Wir freuen uns darum um so mehr, unter den Goldschmieden, wel
che diese Ausstellung benützt haben, in Ratzersdorfer bereits einen
eminenten Vertreter dieser feineren und farbigen Goldschmiedekunst zu
sehen. Alle die verschiedenen Weisen des Zeitalters der Renaissance leben
in seinen Werken wieder auf, das translucide und opake Email, die
Schleifung und Gravirung des Krystalls, das Niello, das Treiben der Fi
guren und Ornamente in edlem Metall, möchte der Trefflichkeit der Ar
beit bald auch die volle Schönheit der Formen, die Reinheit der Orna
mente entsprechen, die wohl noch zu wünschen übrig lassen! Dann wer
den diese Arbeiten bald nicht mehr des alterthümlichen Charakters, der
sie jetzt noch bekleidet, nöthig haben; sie werden die Liebhaberei der
Kunstfreunde und die Zierden der Cabinete sein. Aber es ist dazu eben
nöthig, dass Form, Technik und Ornament auf gleicher Höhe der Voll
endung stehen, wie das z. B. bei dem von Ratzersdorfer mit email-
lirtem Golde gefassten Glasservice von Lobmeyr der Fall ist.
Wir sehen mit Vergnügen, dass sich das gleiche Gefühl auch an
derswo in der Goldschmiedekunst regt und nennen in dieser Beziehung
unter den ausgestellten Arbeiten die Becher von Keller in Graz und
den Pocal von Wachs mann in Prag.
Einen grossen Fortschritt in anderer Weise bekunden auch die Ju
welierarbeiten von E. Biedermann. Wir haben oben gesagt, dass die
modernen Juwelierarbeiten durchaus formlos geworden waren und vor
allem auch des Reizes einer zierlichen, ausgearbeiteten Fassung der Steine
entbehrten. Gerade auf diese Seite nun in Verbindung mit vollendet durch
geführter Arbeit sehen wir Biedermann mit vollem Recht einen Nach
druck legen und so wieder die Grundlage einer echten Juwelierkunst ge
winnen. Nach dem Vorgänge, den die Castellani in Rom gemacht haben,
kann ein Etablissement, das den Anspruch macht, ein erstes zu sein und
auf der Höhe der Zeit zu stehen, auch nicht mehr anders verfahren. Es
muss aber auch hier einerseits auf eine schön gezeichnete, reizvolle
Composition geachtet werden und zum andern auf die farbige Haltung,
die auch hier nicht blos durch die Steine, sondern ebenso auch ducrh