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im Vereine mit dem Juwelier Ratzersdorfer nach Zeichnungen von Prof.
Storck für Se. Majestät den Kaiser angefertigte Glasservice ist, wie über
haupt ein Glanzpunkt der Ausstellung, so auch eines der schönsten Bei
spiele der wahren Verwerthung der künstlerischen Motive, die die alten
Bergkrystallarbeiten als nächste Analogie und in reicher Fülle darbieten.
Trotzdem ist aber die Behandlung und künstlerische Bildung der einzelnen
Geräthe nicht nur in vollständigem Einklänge mit ihrem Zwecke und
ihrer Bestimmung — was man durchaus nicht von allen und oft am
wenigsten gerade von den am meisten prunkenden Schaustücken der
modernen Kunstindustrie sagen kann — sondern auch trotz der Anleh
nung an die erwähnten Vorbilder doch wiederum so selbständig in der
Erfindung, dass sie einen wirklichen und wahrhaften Fortschritt auf kunst
gewerblichem Gebiet bezeichnen. Die Formen sind durchaus von schönster
Gliederung und fein abgewogen, die Verbindungen und Knöpfe und der
gleichen aus emaillirtem Golde in dem richtigen Masse angebracht, das
allein dazu dient, dem edlen Material den Charakter einer gediegenen Ele
ganz zu ertheilen. Die Ornamente, Akanthusmotive, dazwischen Frucht
gehänge etc., sind auf sogenannten »vollen Glanz« in ausserordentlich
vollendeter Weise eingeschliffen. Das Verdienst einer so präcisen Aus
führung erscheint um so grösser, wenn man bedenkt, dass das Glas, trotz
oder eben wegen seiner geringem Härte, ein im Schliff, wo es auf grosse
Vollkommenheit der Detailausführung ankommt, eigentlich noch schwieri
ger zu behandelndes Material ist als der Bergkrystall, indem dieser dem
Schleifrade mehr Widerstand entgegensetzt und daher eine zwar etwas
langsamere aber doch minutiösere Durchführung viel leichter gestattet
als das Glas, bei dem jeder Angriff mit dem Schleifmittel sofort tief ein
dringt. Wir stehen nicht an diese Gläser zu dem Besten zu zählen, was
überhaupt die neuere Kunstindustrie hervorgebracht hat; wo wir aber
mit unserem Lobe so rückhaltlos sind, fühlen wir uns auch verpflichtet,
unser kleinstes Bedenken nicht verschweigen zu dürfen. Es betrifft eine
Nebensache, die grünen Weingläser, die sogenannten »Römer«. Es ist
nicht vollständig zu rechfertigen, dass man auch an diesen geschliffene
Verzierungen angebracht hat, denn die Form des Römers ist lediglich
eine — wenn man so sagen kann — aus dem Schmelzstyle des Glases
hervorgegangene, zudem ist auch jene Gestalt selbst eine gewissermassen
traditionell überkommene, die man nicht durch neue Zuthaten alteriren,
vielmehr wieder in ihrer Ursprünglichkeit herzustellen trachten sollte.
Proben eines mit ebenfalls auf »vollen Glanz« eingeschliffenen Or
namenten gezierten Glasservices nach Zeichnungen von Friedrich Fisch
bach hat H. Ullrich ausgestellt. Als der Arbeit eines Fachmannes sind
wir berechtigt, an dieses Werk höhere als nur gewöhnliche Anforderungen
zu stellen, und da wäre zu bemerken, dass hier nicht in allen Stücken
den Bedingungen der Schleifornamentation so genügend Rechnung ge
tragen ist wie etwa — selbstverständlich auch abgesehen von dem dort