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bracht. Man sollte nur vermeiden, die Farbe des Glases tiefgrün zu
machen, weil dies die malerische Wirkung insofern beeinträchtigt, als das
Ganze einen schweren Grundton erhält’, von dem sich die bunten Male
reien dann allzuhart abheben. Bei den alten Originalen ist das grüne Co-
lorit zumeist nicht eigentlich beabsichtigte Färbung, sondern es ergab
sich von selbst aus der nur sehr geringen Reinheit der Masse, daher es
auch nie sehr energisch ist. In der Exposition Lobmeyr’s finden wir
auch venetianische Decorationsweisen des i5. Jahrhunderts und alt-orien
talische Motive zum Theile recht glücklich verwerthet.
Bei den Überfangenen und opaken Gläsern treten die in den andern
Zweigen der Glasindustrie sich schon entschieden Bahn brechenden künst
lerischen Reformbestrebungen bisher leider noch wenig hervor. Es sind,
mit nur geringen Ausnahmen immer dieselben styllosen naturalistischen
Malereien von Blumen, Landschaften und Figuren, denen wir hier be
gegnen, Malereien und Vergoldungen, die vollständig willkürlich, plan-
und ziellos den Vasen und Geräthen angeheftet sind, dann immer noch
dieselben entweder schwächlich verblasenen oder harten und absoluten,
immer aber unerfreulichen und jedes gebildete Auge oft geradezu belei
digenden Farben, gegen die der bessere Kunstgeschmack immer lauter zu
protestiren beginnt. Die Sucht nach »Nou'veautes«, in denen eine Fabrik
die andere überbieten wollte, und der Umstand, dass bei Hervorbringung
dieser zumeist dem Chemiker und künstlerisch ungebildeten Technologen
das erste Wort gelassen wurde, hat hauptsächlich zur künstlerischen De-
cadenz beigetragen, wenn auch vielleicht das commercielle Moment dabei
vorläufig nicht zu Schaden kam, — wir sagen vorläufig, denn wenn
irgendwo, so dürften gar bald die Industriellen eindringlich gemahnt wer
den, dass die Zeit der Umkehr vor der Thüre steht! Und doch ist auch
für das opake Glas das Auflinden von echt künstlerischen Lösungen nicht
übermässig schwierig; eine Menge Analogien gibt es dafür, die sich leicht
entsprechend verwerthen lassen, wenn man nur mit gehöriger Berück
sichtigung sowohl der Eigenthümlichkeiten des Originals als auch der
nothwendigen Umgestaltung dieser Eigenthümlichkeiten verfährt. So bieten
für das dunkle mehrfärbig Überfangene Glas die aufeinander gelagerten
Schichten einer Pietra dura-Camee Beziehungen dar, die wir in Werken
des Alterthums mehrfach aufgefasst finden (die berühmte Portlandvase etc.);
so liesse sich der Charakter mancher alter und orientalischer Arbeiten mit
gewissen Modificationen dem opaken Glase ertheilen etc. In dieser Hin
sicht ist eine von Lobmeyr ausgestellte Suite von Gefässen, welche die
Bleu du Roy-Porcellane von Sevres imitiren, vorzugsweise bemerkens-
werth. Am wenigsten aber sollte man hier wie überall der Natur und in-
nern Wesenheit des Materiales gänzlich fremde oder gar gerade seine vor
züglichsten Eigenschaften direct aufhebende Mittel in Anwendung bringen.
Dahin rechnen wir z. B. den Versuch einer Marmor - Nachahmung (!) in
Glas; das Mattmachen der ganzen Oberfläche, wodurch diese aus ihrer