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Die Zeit Ludwig XVI. und des Empire hat es versucht, die Por-
cellangefässe in strengeren Formen auszubilden, allein keineswegs mit
grossem Glück. Sie copirte entweder direct antike Gefässformen und
benützte sie verkleinert zu gänzlich anderer Anwendung — und dies ist
der seltenere Fall — wobei sich dann der Eindruck einer künstlichen
Uebertragung und einer gewaltsamen Anpassung des Fremdartigen nicht
vermeiden liess, oder sie versteifte die aus dem Chinesischen überkom
menen und durch das Rococo hindurchgegangenen Formen, indem sie
dieselben der geraden Linie als Contour unterwarf, in allzuarger Weise.
Dagegen war diese Zeit entschieden glücklicher in der Ausbildung der
malerischen Seite, womit wir allerdings nicht die zahlreich vorkommenden
Porcellangemälde oder die Gemälde auf Tellern im Auge haben, sondern
die rein ornamentale Seite, insbesondere die Randverzierung, die es zu
den reizendsten Effecten gebracht hat. Da diese Art Ornamentation, in
welcher wir der Fabrik von Wien in den Jahren von 1790—1810 den
ersten Preis zuerkennen müssen, Glanz, Feinheit, Zartheit, Eleganz und
farbigen Reiz vereinigt, so ist sie auch dem Material, dessen Eigenschaften
in Feinheit, Glanz und Glätte bestehen, ganz angemessen, ohne dass wir
damit sagen wollen, dass sie die einzig berechtigte sei. Jedenfalls ist das
eine Weise, an die sich für uns anknüpfen lässt, zumal da die nachfol
gende Zeit, die Wiederaufnahme des Rococo, der Blumennaturalismus,
die schwere stumpfe, undurchsichtige Farbendecoration, nur solche künstle
rischen Seiten darbietet, von denen wir uns eben freihalten oder befreien
müssen. Die jüngsten Reformen auf diesem Gebiete, wie sie zunächst in
England versucht worden sind, haben in der That auch diesen Weg ein
geschlagen und halten sich ganz im Geiste der malerischen Porcellan-
decoration aus dem Ausgange des achtzehnten und dem Anfänge jdes
neunzehnten Jahrhunderts. Nur muss allerdings für die Bildung der
Gefässe ein lebendigeres, frischeres, aber zugleich feineres Formengefühl
hinzutreten, ein Gefühl, das sich gleich fern hält von der ungerechtfer
tigten oder mechanischen Uebertragung antiker Formen für einen den
Alten ganz unbekannten Gebrauch, wie von der Willkür des Rococo und
den Bizarrerien oder Monstrositäten des chinesischen Zopfes.
Treten wir mit diesen leitenden Gesichtspunkten an die Porcellan-
gegenstände heran, wie wir sie auf unserer Ausstellung sehen, so sind
es insbesondere zwei Firmen, welche unsere Aufmerksamkeit erregen, die
von Haas & Czizek in Schlaggenwald und die von M. Fischer in
Herend. Die erstere hat darnach mit Entschiedenheit den Weg betreten,
den wir angedeutet haben, wenn sie auch keineswegs dem Umfange der
Formen und der Mannigfaltigkeit der Decorationsweisen nach dasjenige
erschöpft, was auf diesem Wege der modernen Reform liegt. Dafür ist
der Charakter ihrer Werke ein durchaus harmonischer und soweit gleich
förmig im Werth, dass nichts den Totaleindruck stört. Die zum Theil
sehr gelungenen Ornamente schliessen sich an die Alt-Wiener Weise der