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versehen, Bd. I, S. i55, Bd. II, S. 445, Bd. III, S. 33o mit Sachregister)
und drei Berichte über den Handel und die Industrie in Berlin,
erstattet von den Aeltesten der Kaufmannschaft in Berlin (Berlin
1881, S. 143 Folio). Die Berichte, welche die Aeltesten der Kaufmann
schaft von Berlin erstatten, gewinnen von Jahr zu Jahr an Bedeutung,
da nicht blos der Berliner Verkehr und die industrielle Bewegung eine
fachgemässe Darstellung findet, sondern die Berichte auch genöthigt sind,
auf die ganze deutsche Bewegung Rücksicht zu nehmen. Seitdem Berlin
die Hauptstadt des deutschen Reiches ist, gewinnt auch der Berliner
Bericht an Ansehen. Auch wird der Welthandel einer eingehenden Würdi
gung unterzogen. In den letzten Jahrgängen wird auch dem deutschen
Kunstgewerbe eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Bisher wurden
diese Berichte in Oesterreich wenig beachtet. Vielleicht tragen diese Zeilen
etwas dazu bei, die Aufmerksamkeit des Fachpublicums auf diese Berichte
zu ziehen. Bei der in Oesterreich herrschenden dualistischen Volkswirt
schaft wäre es kaum möglich ähnliche Berichte zu publiciren. Zahlreiche
Daten über die volkswirtschaftliche Bewegung Preußens bringen die vor
trefflichen »Uebersichten der Weltwirtschaft« von Prof. F. X. Neumann-
Spallart. Jahrgang 1880.
Der Aufschwung Berlins ist gegenwärtig ein ganz gewaltiger. Im
Jahre 1829 hatte Berlin eine Bevölkerung von 242.000 Seelen, die bis zum
Jahre 1876 auf 979.860 angewachsen ist, also in diesen 47 Jahren eine
Steigerung der Bevölkerungszahl um mehr als 3oo% erfahren hat. Gegen
wärtig wird die Bevölkerung Berlins, ohne Rücksichtnahme auf
jene von Charlottenburg und Potsdam, schon auf i,2 5o.ooo Menschen
geschätzt, beträgt also nahezu das Doppelte der Bevölkerung von Wien.
Charlottenburg mit einer Bevölkerung von 25.000 Einwohnern ist mit
Berlin durch Eisenbahnen und Tramways verbunden und besitzt eine
Reihe von höheren Bildungsanstalten, Gymnasien und eine höhere Töchter
schule; es wird von den Berlinern mit Recht als eine Art von Vorort
Berlins angesehen. Die Stadterweiterung Berlins rückt Charlottenburg
immer näher. Noch wichtiger ist gerade für die Entwicklung der Kunst
und Kunstgewerbe Berlins die Nähe von Potsdam, der Residenz der
Könige von Preußen seit jener Zeit, wo der große Kurfürst das Residenz
schloss und Friedrich der Große zwei k. Schlösser bauen ließ. Die Be
völkerung von Postdam zählt jetzt 45.000 Einwohner. Die Bedürfnisse der
wohlhabenden Bevölkerung von Charlottenburg und Potsdam kommen den
Berliner Gewerben zu Statten. Im Jahre 1829 beliefen sich die Com-
munalauslagen Berlins auf 2,317.656 Mark; bis heute sind dieselben auf
34,740.215 Mark gestiegen, d. i. um 13g8 V. Bedenkt man, welche materi
elle Opfer Berlin zur Zeit der französischen Occupation unter Napoleon I.
und der darauf folgenden Befreiungskriege auferlegt wurden und ver
gleicht man damit die gegenwärtigen volkswirtschaftlichen Zustände von
Berlin, so begreift man, welch’ gewaltige Ereignisse eingetreten sein müssen,
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