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II. Die griechisch-römische Wand-Decoration,
Das älteste Beispiel griechischer Innendecoration , das wir bringen
können, die Steindecke des vor Kurzem von Schliemann ausgegrabenen
Schatzhauses von Orchomenos (2. Wand, 3. Reihe) zeigt uns die nahe
Verwandtschaft der ältesten griechischen Kunst, die noch vor die Periode
zurückgeht, welche uns die homerischen Gedichte schildern, mit der Kunst
der älteren Culturvölker des Mittelmeerbeckens. Es sind dieselben Win
dungen von Metalldrähten hier plastisch in Stein nachgebildet, die wir
auf den ägyptischen Plafonds gemalt antrafen. Die nebengestellte Tafel
zeigt, dass sie sich sogar in allen Anordnungen der Details gleichen, als
wären beide von ein und demselben Modell genommen; zugleich aber ist
die Bordüre aus jenen Rosetten gebildet, welche in der assyrischen Kunst
vorherrschen, so dass uns dieses Beispiel recht deutlich die Stellung der
älteren griechischen Kunst zwischen dem alten afrikanischen und den
asiatischen Reichen zeigt.
Wir wissen, dass es die größten griechischen Maler nicht ver
schmähten, öffentliche Hallen, ja sogar Privatgebäude, mit Wandgemälden
zu schmücken, leider aber ist davon nichts auf unsere Zeiten gekommen.
Nur wie ein entfernter wohnendes Volk, das die Kunst der Griechen
nachahmte, die Etrusker im mittleren Italien, ein gleiches Decorations-
systern ausübte, nämlich die Wände mit großen' Historienbildern zu
bedecken, welche ornamental umrändert sind, kann uns einen entfernten
Begriff von dem geben, was die Griechen in ihren besten Zeiten wollten.
Die beiden Tafeln mit Gemälden einer Grabkammer in Corneto (aus den
Monumenti inediti 1882) zeigen uns freilich nur die bedeutenden Ab
sichten von mittelmäßigen Künstlern ausgeführt.
Dass bei solchem Schmucke der Wände, die Balkendecke, auch wenn
sie aus Stein nachgebildet war, und die übrigen architektonischen Glieder
nicht ohne bunte Bemalung bleiben konnten, wäre eine natürliche Vor
aussetzung, umsomehr, als wir heute wissen, dass alle griechischen
Statuen, welche ja den Schmuck dieser Räume bildeten, vollständig,
sowohl an den Gewändern als den Fleischtheilen, in Nachahmung der
Natur bemalt waren. Es ist Semper’s großes Verdienst, diese bunte
Bemalung in den Vorhallen der großen athenischen Tempel nachgewiesen
zu haben und nach seinen Restaurationen geben wir hier Theile der
Decke aus dem Parthenon und dem Theseion.
Eigentlich greifbar aber wird uns das System der griechischen
Wand-Decoration erst in späterer Zeit, als sich der Hellenismus schon
über alle Culturländer verbreitet hatte. Die besten Beispiele, welche eine
vollständige Entwicklung erkennen lassen, sind uns gerade auf italischem
Boden in Pompei und Rom erhalten.