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In den ältesten Häusern Pompei’s sind die Wände mit bunten Platten
aus Stucco belegt, die kostbare Steinplatten nachbilden sollen. Die Ränder
sind vertieft, Gesimse aus Stein sind oben angebracht, zuweilen Halb
säulen vorgesetzt (Beispiele: 3. Abtheilung, oberste Reihe). Bald aber
schritten die antiken Decorateure dazu, diese Plattensysteme nur in Malerei
auszufühlen, auch die Halbsäulen oder Säulen, Gesimse etc. in perspec-
tivischer Malerei darzustellen. Sobald diese neue Manier einmal gefunden
war, erlaubte sie jede weitere Ausbildung. (Der übrige Theil der dritten
und die vierte und fünfte Wand sind ganz mit solchen Beispielen aus
gefüllt,)
Es wurde nun zumeist mitten eine Art Tabernakel gestellt, der ein
mythologisches oder landschaftliches Bild enthielt, und davor Reihen zarter
Säulchen und Gesimse nachgebildet, durch Statuen belebt, die, wenn sie
auch den Eindruck eines schwankenden Holzgerüstes machen, doch immer
als wirklich oder wenigstens möglich gedacht sind. Wir geben schöne
Wände aus Pompei (aus Mau’s Werk, Geschichte der decorativen Wand
malerei aus Pompei), dann vortreffliche Aufnahmen von Ginzel nach dem
in den Gärten der Farnesina gefundenen Hause, endlich Stiche von
Carloni mit den prächtigen Ausschmückungen der Titusthermen.
Diese Art der Decoration führte zuweilen dahin, nur Pilasterstellungen
zu malen, zwischen denen man scheinbar in’s Weite hinaus sah, wo dann
der Blick auf gedehnte, wohl staffirte Landschaften fiel. Als Beispiel
geben wir zwei Tafeln mit Odysseelandschaften, die, auf dem Esquilin
gefunden, jetzt in der Bibliothek des Vaticans bewahrt werden. (Aus
Woermann’s Werk: Die antiken Odysseelandschaften vom Esquilinischen
Hügel zu Rom.)
Endlich fielen für solche landschaftliche Darstellungen alle architek
tonischen Schranken weg, und Blumen und Sträuche eines Ziergartens,
an die Wand gemalt, verwandelten das Zimmer in eine Laube.
Auf der nächsten Wand haben wir nun eine Reihe Tafeln zusam
mengestellt, welche die pompeianischen Decorationen fortgesetzt, aber
etwas verändert zeigen. Wir sehen hier die Scheinarchitekturen durch
weiße Bänder mit zarten Ornamenten besetzt, weiße Säulchen und Can-
delabei, die uns etwas an das ägyptische System erinnern; dazu kommen
Lotusblumen und altägyptische Figürchen. Wir dürfen voraussetzen,
dass sich dieses Schema in Alexandrien, wo die altägyptischen Erinner
ungen so nahe lagen, entwickelt hat.
Die letzte Wand dieser Gruppe ist endlich ganz mit jenen fabelhaften,
leichten, zierlichen Architekturmalereien der letzten Zeit Pompei’s an-
-,efüllt Säulen und Candelaber sind im Gegensätze zu der vorher
gehenden Decorationsart gelb — welche sich nun als reine Phantasien
geben und in keiner Weise mehr den Anspruch erheben, an irgend
Wirkliches oder Mögliches zu erinnern. Sie sind es, welche die pompeia-
nische Verzierungsart so beliebt und berühmt machten.