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Volltext: Die historische Ausstellung von Wand- und Plafond-Decorationen im Sommerhalbjahr 1885

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eine Vollendung der Arbeit! Während sonst der eine Kunstzweig steigt, 
der andere sinkt, blühen sie in dieser Epoche alle mit einander empor, 
und gerade in der Decoration der Innenräume, auf Wänden und Decken 
gehen sie die schönste Verbindung ein. Kein Styl, keine Epoche der 
Kunst zeigt so sehr die innige Verbindung der drei großen Künste, der 
Architektur, Sculptur und Malerei, deren Zusammenwirken erst das höchste 
und großartigste Kunstwerk zu schaffen vermag. Und gerade das ist 
vielleicht die bedeutsamste und am meisten charakteristische Eigenschaft 
der Kunst der Renaissance. Die großen Meister, die so oft die Ausübung 
aller drei Künste in sich vereinten, haben das vollständig begriffen. Es 
tritt das auch in unserer Ausstellung, die vielfach Gesammtansichten neben 
dem Detail der Ornamente bringt, deutlich hervor. 
Wenn wir unseren Weg beginnen, um von Wand zu Wand der 
Entwicklung der Renaissance in geschichtlicher Reihe zu folgen, stehen 
wir noch mitten in der Gothik, aber in der italienischen Gothik. Eine 
Reihe Originalaufnahmen von Stella, Herdtle, Theyer u. a. aus Siena, 
Padua, Florenz vertreten die italienisch - gothische Decoration in genügen 
der Weise. Das ornamentale Princip, wie es sich z. B. in den Wand 
malereien des Rathhauses zu Siena ausspricht, ist kein anderes, als das 
in den rheinischen Kirchen, es ist, wenn nicht dieselbe, doch ganz die 
ähnliche Art und Anordnung, Rippen, Pfeiler, Capitäle, Bogen und Ge 
wölbe zu verzieren, doch muthet uns die Farbengebung anders an und 
die Figuren zeigen die charakteristische Zeichnung der alten berühmten 
Schule von Siena, sowie der Schule von Giotto. 
Siena ist die erste Stadt der italienischen Gothik; sie hat aber auch 
in der mit dem Dome verbundenen Libreria eines der herrlichsten Bei 
spiele von vollständig decorirtem Raume aus der Zeit der Frührenaissance. 
Wir erhalten einen Eindruck, freilich nur einen abgeschwächten, von der 
reichen und edlen Wirkung durch einen großen Farbendruck aus den 
Publicationen der Arundel-Society, der von dem Innern ein Gesammtbild 
gibt. — »Frührenaissance«, das ist heute das Losungswort der Kunst 
freunde und Sammler vom ersten Range. Keine Arbeiten sind mehr 
gesucht, keine sind heute theurer gezahlt als diejenigen der italienischen 
Kunst aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Diese Liebhaberei ist auch voll 
kommen begreiflich, denn keine Epoche der Kunst ist mit naiverem, 
treuerem Sinn, mit größerer Hingebung auf die Natur eingegangen, 
keine hat einen feineren, edleren Schönheitssinn entwickelt, wenn sie 
auch an Großartigkeit der künstlerischen Gedanken und der technischen 
Vollkommenheit von der Hochrenaissance übertroffen wurde. Steht sie 
hinter dieser an Größe und Vollendung zurück, so übertrifft sie dieselbe 
an Liebenswürdigkeit, an zierlichen Reizen. 
Diesen Charakter tragen auch die ausgestellten Decorationen Italiens 
aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Es sind fein empfundene, zierlichst 
ausgeführte Ornamente, nunmehr mit Anlehnung an antike römische
	        
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