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Volltext: Die historische Ausstellung von Wand- und Plafond-Decorationen im Sommerhalbjahr 1885

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IX. Barock und Rococo. 
In den reichen, wie chronologisch folgenden Sälen und Gemächern 
des Schlosses Fontainebleau kann man die weitere Entwicklung des 
Decorationsstyls verfolgen; jeder französische König hat sich in demselben 
gewissermaßen sein Denkmal gesetzt. Man kann auch sehen — die Bei 
spiele unserer Ausstellung geben dem eingehenden Studium das deutlich 
zu erkennen, — wie der Charakter aus einem italienischen ein franzö 
sischer wird, wie nunmehr, seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, 
der französische Geschmack auch auf unserem Gebiete die Welt beherrscht. 
Im 16. Jahrhundert stand die ganze Decoration nordwärts der Alpen unter 
dem Einfluss Italiens, wenn sie auch z. B. in Deutschland und in Men 
Niederlanden den allgemeinen Charakter in speciellen Zügen ausprägte. 
Im Styl Louis XIII. sind noch Italien und die italienische Renaissance 
vorwiegend, wenn auch die Charakterzüge ernster und schwerer geworden 
sind und die italienische Heiterkeit vermissen lassen. Mit dem jungen 
Ludwig XIV. (seit i65o) beginnt der französische Geschmack. Betrachtet 
man ^us dieser Zeit die zahlreich ausgestellten Radirungen Lepautre’s, 
des vielgewandten Künstlers, welche Wand- wie Plafondecorationen dar 
stellen, so wird man sie nicht mehr italienisch nennen können. Es ist, 
obwohl aus denselben Elementen hervorgewachsen, ein neuer Styl empor 
geblüht, der französische, der Styl Ludwig XIV. Er trägt den Charakter 
dieses Monarchen, Ueberladung, Schwere, die Sucht zu prunken, zu impo- 
niren. Die Schwere und Fülle der Zeichnung und der Plastik wird noch 
durch überreiche Vergoldung unterstüzt. W'enn ein großer Künstler 
über diesen Styl kommt, so lässt sich damit nicht bloss eine mächtige 
und reiche, sondern auch eine vollauf künstlerische Wirkung erzielen. 
Dies zeigt die ausgestellte Decoration in der großen Gallerie von Ver 
sailles, ein Werk des Malers Charles Lebrun. Andere Beispiele dieser 
Epoche sind z. B. noch aus dem Palais Soubise aus Paris ausgestellt. 
Neben diesen nach Großartigkeit und Gewaltigkeit trachtenden 
Decorationen war aber das Genre der zierlichen Ornamentarabesken, das 
in Frankreich fort und fort Vertreter gefunden hatte, wenn auch nur 
im Kleinen, nicht ausgestorben. Zu dieser Zeit Ludwig’s XIV. wurde es 
vorzugsweise von Berain, wie auch unsere Ausstellung zeigt, mit Geschick 
und Phantasie gepflegt. Aber es war auch nicht mehr antik, nicht mehr 
rafaelisch, es war französisch geworden. Alsbald in der nächsten Epoche 
fand es einen neuen und originellen Vertreter an Watteau. 
Dieser französische Geschmack verfehlte nicht, noch bevor der Um 
schwung in dem Styl des Rococo eintrat, zahlreiche Nachahmung in 
Deutschland und anderswo zu finden. Reiche Beispiele gewähren die 
ausgestellten Abbildungen aus den Gemächern der königlichen Schlösser 
zu München und Berlin (Monographien von Seidel und Dohme). Neben
	        
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