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X. Der Styl Louis XVI. und Empire.
Mit der zweiten Hälfte der Regierungszeit Ludwigs XV., etwa um
die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, begann langsam eine neue Be
wegung auch in der Decoration und sprach sich hier vielleicht am deut
lichsten aus. Sie erfolgte in doppelter Richtung, einmal negativ, insofern
als die Auswüchse des Rococo, das Muschelornament, die Willkür, die
Unregelmäßigkeit, die Unsymmetrie erst gemäßigt, dann beseitigt wurden,
und sodann positiv, indem nach und nach antike Ornamentmotive ein
drangen. Die erstere negative Richtung führte zu einer großen Zierlich
keit und Feinheit, aber auch zur Steifheit; die antikisirende dagegen,
wie sie mehr und mehr vordrang, schuf erst den Styl Louis XVI., dann
den des Empire, der nun völlig auf der Antike, wie man sie damals
verstand, beruhte. Eine Reihe französischer Ornamentstiche sind es,
welche in unserer Ausstellung den Styl Louis XVI. vertreten. Dieser
Styl hat bekanntlich eine große Bedeutung in der modernen Wohnungs
ausstattung zu Paris. Den Styl des Empire oder des Neo-Grec, wie er
auch 'genannt wird, repräsentiren eine Reihe Blätter aus den} Werke
von August Schoy und eine zweite Reihe des italienischen Künstlers
Giovanni Albertolli, Decorationen aus Mailänder Palästen und Schlössern.
Es lässt sich diesen höchst stylvoll und rein componirten Arbeiten
weder eine gewisse Anmuth noch künstlerische Empfindung absprechen;
es sind schön geschwungene Volutenornamente mit geschickter Ver
bindung von Figuren mehr in römischer als in pompeianisch - griechi
scher Art. Aber es ist mehr die Kunst eines verständigen und gebil
deten Wissens als die der freien schöpferischen Phantasie. Und noch
Eines haben sie eigenthümlich, was sie mit den gleichartigen Arabesken
der Rafaelischen Zeit, mit denen sie ja die gemeinsame Quelle haben, in
Gegensatz stellt, das ist die Verblasstheit und Verblasenheit sämmtlicher
Farben. Welch’ ein Unterschied zwischen der Farbenflüssigkeit und
Farbensattheit der italienischen Decorationen des fünfzehnten und sech
zehnten Jahrhunderts mit diesem sanften Rosa, blassem Blau oder zartem
Grün, wie es die Compositionen Albertolli’s in vollkommen richtigem Zeit
geschmack kennzeichnet!
Aber dies ist wenigstens noch ein Styl, der sein Eigen ist. Was
aber in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts ihm folgt, darf
einen solchen Anspruch nicht mehr erheben. Unsere Ausstellung hat
daher keine Rücksicht darauf genommen, und die Gegenwart wollte sie
ausschließen.
Dagegen sehen wir noch am Ende dieses Saales an der letzten Wand
und in der örtlichen Folge als Schluss der ganzen Ausstellung, gewisser
maßen als einen Anhang