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Volltext: Die historische Ausstellung von Wand- und Plafond-Decorationen im Sommerhalbjahr 1885

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Der Zweck dieser Ausstellung ist ebensowohl ein praktischer wie 
ideeller; sie will unterrichten über einen Kunstzweig, der die Brücke 
bildet zwischen der hohen Kunst und der Kunstindustrie und der einen 
wie der anderen angehört. Die Decorationsmalerei im 19. Jahrhundert 
hatte diesen Standpunkt aufgegeben, hatte sich von der hohen Kunst 
gelöst und war, im günstigsten Fall, zur bloßen Kunstindustrie herab 
gesunken. Die Geschichte lehrt, dass diese Verbindung zu allen Zeiten, 
in allen Kunststylen stattgefunden hat und heute muss sie, wozu auch 
bereits die Anfänge gemacht sind, wieder hergestellt werden. Diese An 
fänge zu fördern und weiter zu entwickeln, soll unsere Ausstellung dienen. 
Indem sie den Betrachter durch die ganze Geschichte dieses Kunstzweiges 
hindurchführt, soll sie ebenso dem Künstler wie dem Laien sich nützlich 
und lehrreich erweisen, dem Laien noch insbesondere, denn was kann 
ihm von aller Kunst wichtiger sein, was mehr sein Interesse besitzen 
und sein Wohlgefallen erregen, als derjenige Zweig, welcher ihm sein 
Haus, seine Wohnung, sein Heim selber zu einem Kunstwerk erhebt! 
Unsere Ausstellung lehrt, dass dabei die Farbe immerdar die erste Rolle 
gespielt hat und das bedeutendste und wirksamste Moment gewesen ist, 
aber bei jedem echten Kunststyl und bei jeder Leistung höherer Art auch 
im Anschluss an die Architektur und ihre Glieder und damit auch im 
Anschluss an die Plastik. Auch diese Verbindung muss heute mehr und 
kräftiger betont werden, als es bisher geschehen ist. 
Die Ausstellung lehrt ferner, wie unbeschränkt das Reich der Phan 
tasie in dieser Decoration der Innenräume gewaltet hat, wie reich, wie 
mannigfach, wie großartig und wie anmuthig und liebenswürdig ihre 
Erfindungen und Aeußerungen sind. Jedem Kunststyl, jedem nationalen 
Geschmack ist hier die Phantasie gerecht geworden, in jedem hat sie 
Eigenartiges, Reizvolles und Interessantes geschaffen. Sie umspannt das 
ganze Gebiet der Ornamentik, vom einfachsten linearen oder geometri 
schen oder gereihten Ornament angefangen durch alle Motive der Natur 
hindurch bis zur kunstvoll verschlungenen Arabeske. Sie zieht die Welt 
der Thiere und der Menschen in ihren Bereich und verwendet und 
gestaltet sie nach ihrem Ermessen, natürlich oder stylvoll, heraldisch wie 
symbolisch, allegorisch bedeutsam wie decorativ; sie steigt hinauf zum 
höchsten Bildwerk, das sich der Decoration einfügen und ihr dienen muss, 
in Palast und Haus wie in der Kirche. 
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