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und Goldspitzen wurden eingeführt, applicirte, mit Gold und Farbe
contourirte Stickerei, chinesische und japanische Nadelmalerei, mit
welcher sich Blumen und buntschimmernde Vögel in ihrem vollen
Glanze darstellen liesscn, endlich wurde die Nadelmalerei nach alter
Art in der Weise des späteren Mittelalters in Concurrenz mit der
Malerei bei figürlicher Bildstickerei eingeübt. Rechnet man hierzu noch
verschiedene Arten der Spitze zur Ergänzung der durchbrochenen
Weissstickerei, welche nun auch auf der Schule gelehrt wurde, so hatte
damit die Stickerei wieder einen Umfang erlangt und ein künstlerisches
Feld sich erobert, das so ziemlich erschöpfte, was sie überhaupt zu
leisten berechtigt war.
Als diese Dinge in Bewegung waren, wurde die Kunst der Spitzen-
fabrication, welche in der Stickereischule nur eine Nebenrolle spielte,
noch von einer anderen Seite aufgenommen und mit Consequenz und
Energie gefördert. Die Spitze hatte sich schon im sechzehnten Jahr
hundert von der Stickerei emancipirt und war in verschiedenen Ge
genden zu einem selbständigen Industriezweig geworden. So hatte sie
sich als Spitzenklöppelei in den böhmischen Gebirgen an der sächsischen
Grenze angesiedelt und hier nun schon ein paar Jahrhunderte eine
Existenz geführt, die eigentlich nie zur rechten Blüthe gekommen war,
■trotz aller Bemühungen, die fort und fort um sie geschehen. Nun in
den letzten Jahrzehnten war erneuert wieder die Noth herangetreten
und mit der Noth auch das Bemühen um Besserung. Diesmal führte
es zur Gründung einer eigenen Spitzenschule, aber nicht im Erzgebirge
oder sonst an einem der Sitze, an denen sich die Spitzenklöppelei an
gesiedelt hatte, sondern im Mittelpunkt des österreichischen Cultur-
und Kunstlebens, in Wien selber. Hier war es, wo unter Hofrath
Storck’s Leitung durch die Regierung der »Centralspitzencurs« ge
gründet wurde, und zwar so, dass eine, die erste Abtheilung die Muster
zu schaffen hatte, die andere aber, an welcher Frau Pley er den
Unterricht leitet, die Ausführung dieser Muster. Jene Abtheilung steht
in enger Verbindung mit der Kunstgewerbeschule des Oesterr. Museums
und ist wie ein Theil derselben, während die zweite in besonderem
Local Spitzenarbeiterinnen aus dem Erzgebirge und sonstigen Orten
der Spitzenfabrication herbeizieht, um sie eine Weile zu unterrichten
und auszubilden und alsdann, zu höheren Leistungen befähigt und
mit einer Fülle von neuen Mustern versehen, in die Heimat zur Lehre
und zur Ausübung ihrer Kunst zurückzusenden. Auch dieser »Central
spitzencurs« steht nun bereits eine Reihe von Jahren in Thätigkeit
und gibt uns Gelegenheit seine Wirksamkeit bcurtheilen zu können.
Das Programm unserer Ausstellung stellte vier Kategorien auf,
die Arbeiten des Geschäftes und des Berufes, die Arbeiten der Schulen,
diejenigen der Damen und endlich die Stickerei der nationalen Haus
industrie. Alle vier Kategorien sind auf unserer Ausstellung vertreten,