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und zwar, wenn auch zum Theil lückenhaft, doch so, dass der auf
merksame Besucher sich über den gegenwärtigen Stand der Dinge
vollkommen unterrichten kann. Er wird auch ohne Zweifel an vielen
Arbeiten grosse Befriedigung empfinden und mit Vergnügen sich über
zeugen, dass ein grosser Fortschritt gemacht ist, wenn die Besserung
auch noch einer grösseren Verbreitung und Verallgemeinerung bedarf.
Es sind Geschäftsarbeiten gekommen von Ragusa bis an die sächsische
Grenze, von Tirol bis Siebenbürgen, Spitzenarbeiten von Proveis und
Idria bis Zakopane. Die Schulen sind vertreten von der ersten Fach
schule für Kunststickerei in Wien bis zu der Mädchenschule auf dem
Dorfe. Ja diese niederen Mädchen- und Arbeitsschulen sind aus allen
Kronländern so reichlich gekommen, obwohl ihre Arbeiten eigentlich
nicht dem Programm entsprechen, dass man ihnen einen Saal zur
gesonderten Ausstellung zuweisen konnte. Die Damenarbeiten sind ver-
hältnissmässig am schwächsten vertreten, gewiss auch ein Zeichen, dass
die von den Schulen ausgehende Reform noch zu wenig in das Haus,
in die Dilettantenhände gedrungen ist. Und das bewiesen auch zahl
reiche, aus diesen Kreisen stammende Arbeiten, welche wegen ihrer
Unvollkommenheit von der Jury zurückgewiesen werden mussten. Sehr
reichlich vor allem sind die Stickereien und Spitzenarbeiten der
nationalen Hausindustrie vertreten, Dank den Museen, so dem Olmützer,
dem Brünner, und einzelnen Sammlern wie dem Herrn R. v. Mayer-
Ahrdorff in Lundenburg und dem Fräulein Hieronyma Ozar-
kiewicz. Die ungarische Abtheilung, alle vier Kategorien umfassend,
ist von Herrn und Frau Sectionsrath He rieh in Budapest gesammelt
und von der letzteren selbständig arrangirt worden. Das Oesten.
Museum ist dadurch beiden zu grossem Danke veipllichtet.
In der Aufstellung und Anordnung konnte wegen der Ver
schiedenheit und der Stellung der Vitrinen eine Trennung nach den
vier Kategorien nicht genau durchgeführt werden. Die Säle VI und VII,
zur ebenen Erde gelegen, haben alle Schulen höherer Ordnung, alle
Berufsarbeiten, sowie die Damenarbeiten, kurz alles Moderne, in sich
aufgenommen. Die niederen Schulen nehmen im ersten Stock den
Sitzungssaal ein. Die nationale Hausindustrie hat unter den oberen
Arkaden und im Saal IX ihren Platz erhalten, während der grosse
Vorlesesaal den sämmtlichen Arbeiten aus Ungarn eingeräumt worden
ist. Zu all’ diesem ist noch eine besondere Abtheilung in exceptioneller
Weise hinzugekommen, eine kleine historische Ausstellung, welche den
Gang des Geschmacks auf dem Gebiete der Stickerei in den letzten
zwanzig Jahren von Jahr zu Jahr illustriren soll. Diese Collection ist
selbständig von Frau P. Kabilka gemacht worden und hat unter
den oberen Arkaden neben dem Eingänge zu den Sälen des Kunst
gewerbevereines ihre Aufstellung erhalten. Der Besucher wird am
bequemsten mit den unteren Sälen VI und VII beginnen, dann oben,