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Internationale. Sammler-Zeitung
Nr. 3
Auf der Rückseite der Karte sieht man. wie die
Vorderseite zustande gekommen ist. Es werden zunächst
alle benützten Quellen vermerkt. Um ein erneuertes,
unnötiges Suchen für die Zukunft zu ersparen, werden
auch die Bücher usw. notiert, die man vergebens durch
sucht hat. Um Schreibfehler, Druckfehler oder einge
fleischte Irrtümer zu vermerken, ist eine besondere
Rubrik vorhanden. Die sechs kleineren Rubriken
am unteren Rande verzeichnen den Autor, und falls
dieser die Karte nicht selbst ausschrieb, auch den Be
arbeiter der Karte. Die beiden folgenden Karten geben
an, unter welchen Nummern in großen Sammelmappen
etwaige Ausschnitte oder Sonderdrucke vorhanden sind.
Sind solche Unterlagen zu umfangreich, um nach
einheitlichem Format eingeordnet zu werden, so liegen
sie gesondert unter „Akten“. Sobald die Karte als
abgeschlossen zu betrachten ist, wird das Datum in
die vorletzte Rubrik eingestempelt. Man ersieht daraus
zum Beispiel sofort, ob eine neue erschienene Literatur
benützt sein kann oder nicht. In der letzten Rubrik
werden die Nummern der zugehörigen Abbildungen
vermerkt.
Diese Bildersammlung, die von meiner Frau angelegt
ist und geführt wird, enthält auch meistens die photo
graphischen Negative. Die Bilder wie die Negative
sind nach laufenden Nummern geordnet aufgestellt.
Neben meinem großen Sachkatalog führe ich noch
einen Personenkatalog. Er besteht aus kleineren Karten,
worauf alle Personen vermerkt werden, die bei den
Stichworten des Hauptkataloges Vorkommen.
Die Zahl der Sachkarten meines großen Kataloges
ist etwa 40.000, die Zahl der Personenkarten etwa
21.000 und die Zahl der Photographien in der Sammlung
meiner Frau etwa 8000. Der jährliche Zugang an neuen
Karten beträgt mehrere Tausend.“
Wir haben uns verleiten lassen, etwas viel zu zitieren,
aber wir sind überzeugt, daß das Angeführte von jedem
gerne gelesen werden wird, der irgend eine Sammel
materie ernster betreibt. Es kann auch für viele nicht
ohne Nutzen sein, eine Anleitung für die Anlegung
eines Sammelzettelkataloges zu erhalten. Mutatis
mutandis läßt er sich für die verschiedenen Zwecke
einrichten.
Der Wert des Werkes für den Sammler geht natürlich
über diese Anleitung weit hinaus. Es ist ein vorzügliches
Nachschlagebuch, in dem er sich in zahllosen Fällen
Rat und Belehrung holen kann. Mit welcher Gründlich
keit Feldhaus zu Werke geht, dafür nur ein Beispiel,
das wir aufs Geradewohl wählen.
Also der Sammler will sich über „Holzschnitt“ infor
mieren und findet unter dem Schlagworte folgende
Auskunft: „Holzschnitt. Daß man schon in Ostindien
um 1000 v. Chr. Zeug mittels Holzschnitten bedruckt
habe, ist unerwiesen (Weigel und Zeckermann, Drucker
kunst, Leipzig 1866). Der älteste, bisher bekannte
Holzmodelldruck stammt von etwa 350 n. Chr.; es ist
eine bedruckte leinene Kindertunika aus dem Gräber
feld zu Achmin in Ägypten (Forrer, Zeugdruck 1898,
Tafel 1). Um das Jahr 593 drucken die Chinesen Bilder
oder Schrift von Holzschnitten (Enzyklopädie Ke-Aschi-
King-Yen, Buch 29, Bl. 3). Gefunden hat man chinesi
sche Holztafeldrucke, die bis auf das Jahr 870 zurück
reichen, in Turkestan. Von den Chinesen erlernten die
Araber den Holtzafeldruck und wir kennen arabische
Papierzettel mit Schrift und Ornament in Holzschnitt
aus der Mitte des 10. Jahrhunderts. (Karabacek,
in „Mitteilungen aus der Sammlung der Papyrus Rainer“,
Wien, Band 3, 1887). Aus Europa sind gedruckte
Anfangsbuchstaben von Holzschnitten aus der Zeit
von etwa 1147 in Engelberger Handschriften bekannt.
Den Tapetendruck mit Holzschnitt kennen wir seit
etwa 1350. Seit etwa 1370 soll der Bilderdruck von
Holzschnitten in Frankreich geübt -worden sein. (H. Bou-
chot, Gravüre sur bois, Paris 1902.) — 1437 beschreibt
Cennini im 173. Kapitel seines Werkes über Malerei
den Holzplattendruck auf Leinwand. -—- Der angeblich
älteste Holzschnitt auf Papier aus Europa ist eine „Ver
mählung der heiligen Katharina“ in der Brüsseler
Bibliothek; über die mehrfach bestiittene Gültigkeit
der Datierungszahl „1418“ vergleiche ,C. Ruclens,
Documents de la Bibliotheque royale de Belgique',
Band 1, Seite 3; F. Lippmann, Repertorium, Band 1,
Seite 242. — Vermutlich ist ein heiliger „Christoph“
der älteste datierte Holzschnitt; man fand ihn 1803 in
einem Buchdeckel; er befindet sich in der Sammlung
Spencer zu Althorp bei Northampton. — Eines der
ersten mit Holzschnitten gezierten Bücher ist der
„Edelstein“ des Fabeldichters Ulrich Boner, den Pfister
in Bamberg um 1460 druckte; das Original befindet sich
in der Königlichen Bibliothek zu Berlin; ein Neudruck
erschien in Berlin 1909.“
Der erste bekannte Zwciplattendruck ist ein Reiter
bild Maximilians I., das Hans Burgkmair 1508 schnitt;
diesen Helldunkelholzschnitt (Tondruck) besitzt das
Kupferstichkabinett zu Berlin (Anzeiger für die Kunde
deutscher Vorzeit, 1858, Sp. 216). Der Holzschneider
Jost de Ncgker erwähnt in einem Brief vom 27. Oktober
1512, er sei der Erfinder des Holzplattendruckes mit
drei Platten, von denen die dritte die mittleren Schatten
töne in abweichender Farbe enthält. (Hcrbcrger,
K. Peutinger, Augsburg, 1851, S. 51.)
Dieselbe Genauigkeit wie hier bei allen Artikeln, von
deren Anzahl man sich eine Vorstellung machen wird,
wenn man hört, daß das Werk 1400 engbedruckte
Spalten enthält. Ist einer zum Beispiel ein Uhrensamm
ler, so findet er nicht weniger als 40 Spalten über
Uhren, als Uhr zum Aderlaß, Uhr für Aquation, Uhr
magnetische, Uhraufzug, Uhr, elektrische, Uhr mit
Figurenwerk, Uhrhemmungen, Uhr mit Kerzen, Uhr
mit Kuckucksruf, Uhr im Ohrring, Uhr mit Queck
silber, mit Sand usw. Mehr kann ein eigenes Handbuch
über Uhren kaum bieten.
873 gute Illustrationen erhöhen die Brauchbarkeit
des Werkes, das jedem Sammler empfohlen sei.
Der Krieg und die Briefmarken.
Der Krieg wird auch in den Briefmarkenalbums
seine tiefen Spuren hinterlassen, und zwar nicht nur
in seinen endgültigen Folgen und im Zusammenhang
mit den wahrscheinlichen Veränderungen der Land
karte, sondern auch durch manche vorläufige Verän
derungen, die schon während der kriegerischen Ereig
nisse eingetreten sind.
Besondei e Aufmerksamkeit wird der Markensammler
einem neuen Blatt in seinem Album widmen, das die
Überschrift „Nordwest-Pazifischer Ozean" trägt.
Man weiß, daß in diesen fernen Teilen des großen Welt
meeres die Inseln, die im deutschen Besitz sind, von den
Feinden besetzt wurden, und wenn wir auch hoffen
dürfen, daß der Sieg auf den europäischen Schlacht-
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Internationale Sammler- Zeitung
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feldern den Deutschen auch diesen Besitz wieder bringen
wird, so hat die Zwischenzeit doch eine ganz beträchtliche
Menge von Markenneuheiten auf diesen Inseln hervor
gebracht. Japan hat bekanntlich, nachdem es zunächst
einige Inselgruppen, besonders die Marschall- und Karo-
lincn-Inseln, besetzt hatte, die Verwaltung im November
Australien übertragen, und sie sind jetzt von australi
schen Truppen besetzt. Als der Oberst Pethebridge
zum „Australischen Kommissar für den Stillen Ozean"
ernannt wurde, und am 28. November in seinen neuen
Wirkungskreis abfuhr, nahm er auch einen Vorrat
australischer Briefmarken mit dem Aufdruck „North
west Pacific“ mit. Die Japaner hatten, so viel man
weiß, in der kurzen Zeit ihrer Besetzung sich mit dem
Überdrucken deutscher Briefmarken nicht abgegeben;
dagegen haben die britischen Streikräfte, die deutsche
Inseln im Stillen Ozean besetzten, sich die Gelegenheit
zur Briefmarkenspekulation nicht entgehen lassen
und werden dafür in Australien ziemlich deutlich
kritisiert. Offiziere wie Mannschaften haben sich mit
gleichem Eifer daran beteiligt, und man spricht davon,
daß sich eine offizielle Untersuchung mit ihren neuen
Briefmarkenausgaben beschäftigen werde.
Einige von den provisorischen Marken von Samoa,
die die Neuseeländer bei der Besetzung der Kolonie
ausgaben, waren nur in ungewöhnlich kleinen Mengen
erhältlich; die deutschen Neu-Guinea-Marken mit
dem Überdruck werden von den Australiern in noch
beschränkterer Zahl ausgegeben. Obwohl eine große
Menge der deutschen Neu-Guinea-Marken übernommen
wurden, so wurden doch nur für 1000 bis 1200 Mark mit
den englischen Buchstaben und Wertangaben überdruckt.
Von den 3 Pfennigmarken sollen nur fünf Blatt den Auf
druck „ 1 d“ erhalten haben, von den 5 Pfennigmarken nur
8y 2 Blatt denselben, und von den 10 Pfennigmarken
wurden zehn Blatt mit „2 d“ überdruckt. Von den
meisten anderen Werten wurden dagegen noch weniger
Marken hcrgestellt. Auch die teuersten deutschen Marken
wurden überdruckt, von den 1, 2 und 3 Markmarken
wurden in keinem Falle über 100 gedruckt, von den
5 Markmarken nur 17.
Als diese provisorischen Marken ausgegeben wurden,
war am ersten ■ Tage ein außerordentlicher Andrang
an den Verkaufsstellen, und man zeigt sich in Sydney
Photographien von den Balgereien, die wegen dieser
seltenen Marken entstanden waren. 14 vollständige
Sätze von diesen auf so einfache Art geschaffenen
„Seltenheiten“ wurden zu Geschenkzwecken verwendet;
2 Sätze erhielt König Georg-und die übrigen wurden
an australische Minister und hohe Beamte verteilt.
Auf diese Weise sind von den 5 Markmarken von
vorneherein überhaupt nur drei übrig geblieben. Daß
diese ganze Markenausgabe nur eine Farce und ein
Geschäft war, zeigt auch die Tatsache, daß kaum eine
von den Marken wirklich für die Postbeförderung Ver
wendung gefunden hat. Soldaten wie Offiziere hatten
nicht den Mut, ihre Kostbarkeiten auf ihre Briefe zu
kleben, weil sie fürchteten, sie könnten ihnen da ge
stohlen werden, und so steckten sie sie lieber in die
Briefumschläge hinein, während sie darauf schrieben:
„Keine Marken erhältlich.“
Es ist ja nicht das erste Mal, daß englische Soldaten
sich während eines Krieges auf solche Weise kleine
Nebenverdienste zu schaffen pflegen. Während des
südafrikanischen Krieges hatte Lord Roberts Gelegen
heit, diese Praktiken seiner Soldaten scharf zu verurteilen,
und es wird in den Kreisen der englischen Briefmarken
sammler lebhaft bedauert, daß es keine staatlichen Be-
schränkun gen und Bestimmungen für die Ausgabe solcher
..provisorischer Marken“ gibt. Die Soldaten sind leicht
geneigt, bei ihrer geringen Kenntnis des Briefmarkenhan
dels zu glauben, daß sie sich hier außerordentliche Werte
verschaffen, da sie viel von den fabelhaften Preisen,
die für Seltenheiten gezahlt werden, gehört haben.
Dazu kommt, daß die einfache Herstellung des Über
druckes von vorhandenen Marken die Fälschungen
außerordentlich begünstigt. Schon ist ein Mann in
Sidney verhaftet worden, der solche deutsche Marken
aus Samoa mit Überdruck gefälscht hatte. Er hatte sich
einen Stempel machen lassen und eine gewöhnliche
Samoamarke gekauft und so auf sehr einfache Weise
zu Hause eine „Seltenheit“ hergestellt, die er nun unter
Angabe, er habe sie von einem Soldaten des Expeditions
korps gekauft, für gutes Geld loszuschlagen suchte,
Die französischen Kunstdenkmäler im deutschen Operationsgebiet.
Vom Geheimen Regierungsrat Professor Dr. Clemen (Bonn).*
Die Schäden an den historischen Baudenkmälern im nörd
lichen und östlichen Frankreich sind innerhalb unseres Etappen
gebietes bis in die hintere Zone des Operationsgebietes relativ
gering. Man darf vor allem hervorheben, daß ganz unberührt
geblieben sind, von Nordosten angefangen, Cambrai, Douai,
Valenciennes, St. Quentin, die ihre reichen Kirchen, die Rat
häuser wie die Museen unversehrt bewahren. T.ille, in dem,
obwohl es als offene Stadt bezeichnet war, unsere Truppen
unerwartet und heimtückisch Feuer erhielten, ist nur andert
halb Tage lang von Südosten her beschossen worden; zumal in
der Gegend des Hauptbahnhofes sind ganze Straßenviertel
und einzelne Häuserfronten durch das Bombardement zerstört,
doch haben die historischen Denkmäler darunter kaum gelitten.
An der Kirche St. Maurice ist an einem der vier Giebel der
Westfront die Spitze weggesebossen. Der Barockbau der Grande
Garde an der Grande Place ist ebenso an der Spitze der Fassade
durch eine Granate beschädigt, aber bei beiden Bauwerken
ist dieser Schaden lokal beschränkt. Das Museum, dessen
mächtiger, in den achtziger Jahren durch die Architekten
Berard und Delmas errichteter Prachtbau die eine Seite der
Place de la R6publiqufe im Zentrum der Stadt einnimmt,
ist von verschiedenen Granaten, vor allem aber reichlich von
Schrapnells getroffen worden. Die Granaten haben in der
Hauptsache nur an der Außenarchitektur der Südseite Schaden
getan. Eine ist in den südöstlichen Ecksaal im oberen Stock
eingedrungen; die Schrapnells aber haben die sämtlichen
Fenster der Oberlichter zerschlagen, dazu sind auch die Scheiben
im Hof durchweg durch den Luftdruck gesprungen. Eine Reihe
der großen, von ihren Plätzen nicht zu entfernenden Gemälde
ist durch Schrapnells oder durch herabstürzende Glassplitter
und Bruchstücke des Daches beschädigt, zum Glück aber keines
von den wertvollen Objekten. Die kostbarsten Bilder hat der
Muscumsdirektor, Em. Theodore, der während der ganzen
Beschießung in dem Museum anwesend war, während des
Kugelregens selbst mit persönlicher Aufopferung gerettet.
Auch die berühmte Wachsbüste von Lille ist, wie ich festgestellt
habe, in einem besonderem Gelaß des Kellers sicher und vor
jeder Beschädigung geschützt untergebracht.
* Der Bericht stammt aus der „Nordd. Allg. Ztg.“