Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände in Wien. 217
also geradlinig auslaufenden, bald mit den sich erweiternden Balkenendi-
gungen, in welcher Gestalt es den Beinamen des koptischen führt. Bald
sind die Balken leer, bald mit Punkten, Tupfen, Rosetten ausgefüllt, bald
ohne Umrahmung, bald von einem Kreise eingefasst, dessen Zirkel orna
mental, auch mit Thiergebilden ausgestattet sind, in einem Falle auch mit
dem Alpha und Omega. In der einen wie in der anderen Gestalt ist der
obere Balken nicht selten durch einen Ring ersetzt, wodurch das Ganze
die Gestalt eines verchristlichten Nilschlüssels gewinnt. Dieser Ring er
scheint sogar einmal mit dem Monogramme Christi in der ältesten Form
ausgefüllt. Eine Leinendeke ist mit in blauen, grünen und rothen Wollen
fäden eingestickten Kreuzchen ganz besäet. Ein colossaler Teppich von circa
6 m Höhe, dessen reiche Musterung trotz der vielen Löcher und Lücken
vollständig erkennbar ist, hat in seinem weissen Rande abwechselnd rothe
und schwarze Kreuze. Die breite daran sich anschliessende Borte ist mit
Palmetten gemustert. Mit ihr wechselt wiederum ein weisser Streifen ab,
in den auf der Langseite zehn Nilschlüsselkreuze ebenfalls gobelinartig
eingewirkt sind. Das grosse rundbogig geschlossene Mittelfeld enthält
ebensolche Kreuze und in den oberen Ecken zwei gegeneinandergekehrte
Vögel, die auch einen christlichen Charakter zu haben scheinen. Christ
liche Sinnbilder beherrschen hier also vollständig diesen riesigen Teppich,
der haute-lisse gewebt, zugleich ein technisches Meisterwerk ist. Noch mehr
Interesse, als diese uralten gewebten Stoffe verdienen die gleichfalls hier
ausgestellten Reste eines grossen gedruckten Figurenteppichs. Von
den auf Leinen mit blauer Farbe aufgedruckten 32 cm hohen Heiligen
figuren sind drei, welche durch die griechischen Inschriften als Petrus,
Markus, Lukas bezeichnet sind, vollständig erhalten, von zwei anderen nur
die unteren Hälften. Die Figuren sind mit aus zwei concentrischeu Kreisen
gebildeten Nimben ausgestattet. Ihre Bekleidung besteht in der langen
Tunika und in dem Pallium, welches den rechten Arm frei lässt. Sie sind
vorzüglich gezeichnet, so edel in der Bewegung und in der Linienführung,
dass sie die Vermuthung, griechischen Ursprungs und sehr hohen Alters
nahe legen. Da das Christenthum schon sehr früh in Aegypten Eingang,
Bischof Annianus schon im Jahre 62 in Alexandrien Aufnahme gefunden
hat, so würden selbst bis in das erste Jahrhundert zurückreichende christ
liche Darstellungen in Aegypten nicht zu befremden brauchen. Auch durch
die Technik wird diese frühe Datirung nicht ausgeschlossen, denn Plinius
erzählt, dass die Aegypter es verstanden haben, durch verschiedene Beitzen,
die sie auf die gewebten Stoffe auftrugen, unsichtbare Muster zu bilden,
die bunt, sogar mehrfarbig wurden, wenn sie eigens präparirt in den Farb-
kessel getaucht wurden (vergl. Semper der Stil Bd. I. S. 203). Dieses
combinirte Drucken und Färben, wenn auch nur in einem Tone, liegt
hier vor. In diesem selben bläulichen Tone sind auch die Ornamente ge-