Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände in Wien. 229
Geschichte des Kreuzes und des Gekreuzigten, zu dem die Metallgruppe
zahlreiche Beiträge liefert aus dem frühen Mittelalter bis an seinen äusser-
sten Schluss. Die Alabaster-Statuetten und -Reliefs reichen fast alle
bis ins XIV. und XV. Jahrh. zurück. Die spärliche Bemalung, die ihnen
meistens zu Theil wurde, verleiht ihnen einen eigenthümlichen Reiz, ob
wohl sie in der Regel mehr die Hand des Kunsthandwerkers, als des eigent
lichen Künstlers verrathen. Die beiden italienischen Marmorreliefs des Fürsten
Liechtenstein sind gute Leistungen aus dem XV. resp. XVIII. Jahrh.,
die beiden Reliefs aus Kehlheimerstein in neuerer Zeit gut ausgeführt im
Anschlüsse an Arbeiten des XVI. Jahrh., das Tragaltärchen aus Kehl
heimerstein mit der Jahreszahl 1506, welches Graf Enzenberg geschickt
hat, ist mit eingravirten bezw. geätzten Darstellungen versehen, die durch
wenig Farbe gehoben sind. Auch einige colorirte Thonreliefs verdienen
Beachtung, noch mehr ein bemaltes Wachsrelief ans dem XIV. Jahrh., als
grosse Rarität. Die gothischen Glasbecher, meistens Maigelein- und
Nuppengläser, ursprünglich zu profaner Benutzung bestimmt sind erst später
kirchlichen Zwecken dienstbar gemacht worden, nämlich der Aufbewahrung
von Reliquien in Altären, wozu sie im XV. und XVI. Jahrh. mit Vorliebe
verwandt wurden. Das Wachssiegel des consekrirenden Bischofs wurde
entweder zu den Reliquien in das Gefäss gelegt, welches meistens mit
einem Schieferplättchen bedeckt wurde, oder es bildete kapselartig den
eigentlichen Verschluss der Oeffnung, wie bei dem weissen Glase, welches
mit gelblichem Wachs verschlossen ist um ein ovales Siegel in rother Farbe
aufgediückt zu erhalten. Ganz ähnlich ist ein kleines unscheinbares, aber
meikwürdiges durch Guss hergestelltes Bleigefäss behandelt, welches dem
selben Zwecke diente. Quadronen verzieren den Fuss, Kuppen den Bauch,
die Henkel sind zum Theile abgebrochen, ebenso der Rand, dem ein Wachs
pfropfen etwas umförmlich aufgedrückt ist. Das Siegel geht bis in’s
XIV. Jahrh. zurück, dem auch das Gefäss angehören dürfte. — Auffallend
späilich sind geschnittene und plastische Lederarbei ten vertreten, die
namentlich in Spanien und Italien, aber auch in Deutschland für kirch
liche Zwecke mannichfach gebraucht wurden, vornehmlich als Reliquien
täschchen, Tabernakelthürchen, Hausaltärchen, noch mehr als Etuis für
kostbare liturgische Gefässe oder Bücher. Zu den schönsten, wenn auch
nicht zu den ältesten Erzeugnissen dieser Technik zählt das Triptychon
aus dem österreichischen Museum durch die Anwendung von Gold und
Farbe zu ganz eigenartiger Bedeutung erhoben. — Es soll den Schluss
unserer Besprechung bilden mit dem Ausdrucke des verbindlichsten Dankes
an seinen Besitzer, bezw. an dessen Vorstand der diese herrliche Aus
stellung veranstaltet und alles aufgeboten hat, sie so anregend und lehr
reich, wie nur immer möglich zu machen.
Schnütgen.