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dem gleichfalls sehenawerthen Nr. 158 (Sacramentarium von St. Paul
in Kärnten) ist ein natürlicher üebergang zu den grossentheils auch
gleich in irnmittelbarer Nähe aiifgestellten Sculpturen, zunächst solchen
in Elfenbein, gegeben. Das Elfenbein genoss in der alten und auch
noch in der mittelalterlichen Kunst eine bevorzugte Verwendung zu
allerhand kunstvollen Arbeiten; der wahre Charakter dieses Materiales
mag allerdings erst wieder in der so reizvollen Elfenbeintechnik der
Renaissance zur richtigen Geltung gelangt sein, doch musste dasselbe
ebendamit auch der religiösen Kunst schon immer fremder iverden;
später konnten die Veriirnngen des Zopfes sein Ansehen nicht mehr
hersteilen und neuestens haben die massenhaften, dreisten Imitationen
es erst noch recht in ein schiefes Licht gebracht. Hier auf der Aus
stellung erinnern besonders das Diptychon von Klosterneuburg Nr. 949,
das Triptychon von St. Florian Nr. 960, die Tafeln 940 und 942 von
Heillgenkrcuz und Klosterneuburg, das Altäre portatile von Melk 925
und einige Reliquiarien an gute Zeiten. Eine Collection von Crucifixen
zeigt wohl eine gewisse Mannigfaltigkeit in der Darstellung und in der
anatomischen Behandlung des Körpers, bietet aber im Vergleiche zu
dem, was mau sonst in Kirchen oder auch im Privatgebrauche finden
kann, gerade nicht viel Bedeutendes. Von anderen Sculpturen machen
eine Anzahl solcher in Alabaster (aus der Sammlung des Herrn Grafen
Wilczek) einen recht exotischen Eindruck, und unter den allerlei Holz
reliefs und Figuren sind einige der kleineren zwar recht reizend, die
meisten aber haben gerade nur archäologisches Interesse, während man
nach Mustern dessen, was in dieser Technik geleistet werden kann und
auch schon geleistet worden ist, vergeblich suchen wiid. Das Gute, was
in diesem Genus existirt, entzieht sich eben auch seiner Natur und Ver
wendung nach fast stets der Ausstellung.
Recht anziehend und vielfach lehrreich ist eine weitere Folge von
diversen Gegenständen, bei welchen eine ganze Reihe von Techniken
zur Anwendung gelangen, die ehedem sehr gepflegt und ausgebildet
waren, nachmals aber vernachlässigt und theilweise ganz vergessen wurden.
Es sind dies zumeist kleinere und mehr für die häusliche Andacht be
stimmte Arbeiten in Holz und Metall, als: Hausaltärchen, Kreuze, Leuchter,
namentlich aber verschiedengestaltige Reliquiarien, bei denen die Aus
stattung und Verzierung bald durch getriebenes oder Filigransilber, bald
durch edle Steine und Perlen, bald durch Intarsien, namentlich aber in
der vielfältigsten Weise durch Email gebildet wird. Das Email ist auf
der Ausstellung überhaupt in einer besonders erfreulichen Weise ver
treten, und es Hessen sich über die Art, wie es vom einfachsten Gruben
schmelz der byzantinischen Kunst bis zur vollendeten Malerei der Limu-
siner-Platteu sieh entwickelte und zugleich für die verschiedenartigste
Verwendung, oft mit recht viel Glück, gebrauchen Hess, interessante
Specialstudien machen. Gewiss mit vollem Rechte wird die so liebliche
und dabei auch solide und gerade wegen der Solidität ihrer Arbeiten
sich für kirchliche Zwecke besonders gut eignende Emaillirkunst heut
zutage wieder mit Vorliebe gepflegt; die übrigen Pracht- und Schaustücke
dieser Gruppe werden allerdings zur Nachahmung minder aneifern, indem
sich da sofort immer die leidige Frage dazwischen drängt; Wer wird
heute dergleichen bezahlen?