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malerische Erscheinung, welche mit der Darstellung der
Wirklichkeit nichts gemein hat.
Diese Methode, mit welcher der Holzschnitt seinem
Drange nach Farbe Ausdruck verlieh, ist das sogenannte
Clairobscur oder Camaieu, der Druck mit mehreren
Holzplatten. Naturgemäß begann man mit zwei Platten,
von denen die eine Alles das gab. was der Holz
schnitt bisher und allein geleistet hatte, während die
zweite einen dunklen Farbenton darüber legte, doch so,
dass die Lichter aus dieser Platte herausgeschnitten
waren. Die bildliche Darstellung erschien also in drei
Tönen, in schwarzen Contouren und Schattenstrichen,
in weissem Lichte und in der farbigen Mitteltinte, für
welche gewöhnlich ein bräunlicher oder grünlicher Ton
gewählt wurde.
Die Erfindung ist als eine deutsche zu betrachten,
insofern als die ältesten Clairobscurblätter dieser Art
deutsche sind. Doch wurde sie von Italienern aufge
nommen, zuerst von Hugo da Carpi, der wohl als
der Erfinder betrachtet worden, dann von verschiedenen
namhaften Malern, wie z. B. Parmeggianino, weiter
in malerischer Richtung ausgebildet, welche mit drei
und vier Platten die Farbenscala mannigfacher machten,
ohne auch ihrerseits gerade nach Naturwahrheit zu
streben. Gleichzeitig, in der ersten Hälfte des 16. Jahr
hunderts, versuchten sich auch alle die Maler, welche
für den Holzschnitt zeichneten, im Clairobscur: Wecht-
lin, Cranach, Hans Baidung, Hans Burgkmair, Urs
Graf, Altdorfer, Dürer und seine Schüler, und zahl
reiche schöne und große Blätter sind uns erhalten ge
blieben. Nach ihnen aber sank der Holzschnitt und