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Um dieses zu erreichen, wurde ein eigenes Instrument
erfunden, die Roulette, ein kleines Rädchen mit
scharfen Spitzen und einer Handhabe daran. Mit
diesem Instrumente konnte man ganz in der Strichlage
der Zeichnung arbeiten; man führte es auf der ge
firnissten Platte Strich um Strich; die Spitzen gruben
sich in den Firniss ein und wurden dann in das
Kupfer eingeätzt. Alsdann konnte man mit mehreren
in solcher Weise vorbereiteten Platten verschieden ge
färbte Bilder schaffen, die sich von denen der Methode
Le Blons durch die Strichlage unterschieden, welche
Jener gerade hatte vermeiden wollen.
Zahllos sind die Blätter, welche die französischen
Kupferstecher in dieser Technik gearbeitet haben, zahllos
wie die Bilder und Zeichnungen, welche der uner-
müdete, fruchtbare Boucher für Sammler und Samm
lungen lieferte. Die Mappen aller Kunstliebhaber
füllten sich mit seinen meist in Schwarz, Roth und
Weiß ausgeführten Kreidezeichnungen und dienten den
Graveuren als unerschöpfliche Quelle. Schöne Frauen
bildeten vor Allem den Gegenstand, schöne Frauen
mit weichen, schwellenden Formen und lieblichen,
aber leeren Köpfen, denen es an Individualität ge
brach. Boucher hatte seinen eigenen Schönheitstypus ;
die Griechen würden ihn nicht anerkannt haben.
Darauf kam es auch nicht an; es war ein französischer
Typus. Es war überhaupt französische Kunst und
eine Kunst, einzig dieser Art und dieser Gesellschaft
angehörig. In den Schönheiten, wie Madame de Pom
padour und Madame Dubarry, erkennt man den
Typus, einen Typus, der sich mehr durch Lieblich-
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