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drei Theilen zusammengenäht, die aber nicht aus Stückleinwand
zurechtgeschnitten, sondern jeder für sich eigens am Webstuhle
gewebt sind. 1. der Obertheil, der Brust, Rücken und Aermel
umfasst und bis zur Bauch- und Hüftengegend herabreicht. Dieser
Obertheil zeigt, für sich ausgebreitet, annähernd die Form eines
Kreuzes, dessen zwei längere Arme die beiden Aermel, die kürzeren,
aber breiteren Arme Brust und Rücken bilden. Der Halsschlitz,
durch den der Kopf gesteckt werden soll, wurde im Gewebe aus
gespart. Denkt man sich diesen Schlitz beiderseits bis zu den
Aermelenden verlängert, so gewinnt man die Mittelachse des
Obertheiles, entlang welcher sich dieser letztere in zwei congruente
Hälften — den Brust- und den Rückentheil — zusammenfalten
lässt. Beide Hälften erscheinen dann durch eine von den Aermel
enden bis zu den Hüften laufende Naht (an der rechten Seite auf
getrennt) verbunden. — 2. und 3. die beiden für sich gewebten
Hälften des Untertheiles, das ist je ein viereckiges Stück Lein
wand, das eine vorne, das andere rückwärts an den Obertheil
angenäht, und zwar in der Weise, dass entlang der ganzen um
laufenden Berührungslinie zwischen Ober- und Untertheil eine
die Naht selbst maskirende Hohlfalte angebracht ist; diese Hohl
falte diente zur Aufnahme einer Gürtelschnur, mittelst welcher
sich die Tunica an den Hüften zusammenziehen liess. Beide Hälften
der Untertheile sind auch unter einander durch zwei Verticalnähte
verbunden; an der rechten Seite hat sich die Naht (auch am
Obertheile vom Aermelende an) aufgetrennt, weshalb diese ganze
Seite bei der Restaurirung und Aufstellung der Tunica im k. k.
österr. Museum mittelst angenähter Bandschleifen geschlossen
werden musste.
b) Zahl und Vertheilung der Verzierungen. Die fast an jeder
Männer-Tunica wiederkehrenden typischen Verzierungen sind:
1. die zwei Spangen, die rechts und links vom Halsschlitze in
ununterbrochenem Flusse über Brust und Rücken laufen; gegen
die Enden hin erscheinen sie gewöhnlich halbrund abgeschlossen,
worauf sich noch mittelst eines mehr oder minder langen Stieles
eine blattartige freie Endigung anschliesst; 2. die zwei quadrati
schen (oder kreisförmigen) Schulterverzierungen; 3. die Aermel-
borten, an Nr. 1 verdoppelt, häufig auch einfach; 4. die vier
eckigen (oder kreisförmigen) Einsätze am unteren Saum, und zwar
je zwei auf der vorderen und der rückwärtigen Hälfte des Unter-
theiles.
c) Technische Herstellung der Verzierungen. Diese sämmtlichen
Verzierungen sind nicht auf das fertige Gewand aufgenäht, sondern
schon bei der Herstellung des Leinengewebes in dieses letztere
hinein gearbeitet. Es geschah dies in "der Weise, dass z. B. an
der Stelle, wo ein quadratischer Schultereinsatz angebracht werden
sollte, der entsprechende quadratische Raüm im Gewebe aus
gespart, d. h. die Kette an der betreffenden Stelle nicht durch
den Einschlag gekreuzt, sondern offen belassen wurde. Nach
Fertigstellung des Leinengewebes erfolgte die Einarbeitung des
Verzierungseinsatzes, wahrscheinlich mit einer feinen Filetnadel,
die es ermöglichte, die Purpurwolle- und Leinenfäden, mit denen
die Verzierung bestritten ist, dicht und die Kettfäden vollständig