Aus diesen Gründen ist es heute wohl noch eini-
germassen zweifelhaft, wie weit der Kupferstich sich
von dem Stoss erholen kann, den er durch die Ent
wicklung der mechanisch vervielfältigenden Künste er
litten hat und wie weit er Theilnehmer wird an dem
Aufschwünge, den die künstlerische Art der Verviel
fältigung wieder genommen hat. Es lässt sich ver-
muthen, dass er einstweilen von dem glatten und regel
mässigen Linienstich abgehen muss, um sich in leichterer
freierer, mehr malerischer Manier der Wirkung der
Radirung zu nähern. Indessen, auch in diesem Kampfe,
in diesem Ringen um die Behauptung behält er sein
Interesse. Wer wollte sagen, wie es mit ihm in Zu
kunft sein wird !
Es geht zuweilen wider alle Erwartung. Wer hätte
gedacht, dass die Lithographie jemals wieder zu echt
künstlerischer Bedeutung kommen werde! Sie war
durch Holzschnitt, Zinkographie, Lichtdruck, Heliogra
vüre u. s. w. so sehr in ihrer Anwendung beschränkt
worden, dass man ihrer kaum mehr gedachte, ausser
zu populärsten Gegenständen niederster Art. In ihrer
matten, weichen, charakterlosen Manier, die der künst
lerischen Originalität so wenig Spielraum lässt, war
sie von den Künstlern selbst ganz und gar vernach
lässigt worden. Wer hätte sie auch erwählen mögen,
um seine freien, geistigen Schöpfungen in solcher
schwachen, saft- und kraftlosen Manier dem kunst
liebenden Betrachter vor Augen zu führen!
Und dennoch ist die Lithographie wieder aufgelebt,
und gerade durch das Bemühen origineller Künstler,