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Inhaltsverzeichnis: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 135)

Entwicklung des gewerblichen und meroantilen Unterrichts. LIII 
nur niemals eine Frequenz unter 800 Schülern, sondern mussten Hunderte von 
Aufnahmswerbern zurückweisen. Die Anmeldungen für die Holzrnindner Schule 
z. B. betrugen 1600 im Jahre 1875, von diesen wurden 900 angenommen, die 
übrigen wegen Raummangels abgewiesen. ' 
Ein genaueres Studium der Entwicklungsgeschichte solcher ausländischer 
Schulen lässt keinen Zweifel übrig, dass gerade mit Rücksicht auf die 
naturgemäss langsame Entwicklung derartiger Fachschulen endlich 
in Österreich ein Anfang gemacht werden muss. 
Speciell Pilsen scheint ein so günstig situirter Punct, dass eine relativ rasche 
Entwicklung einer daselbst errichteten Gewerbeschule umsmnehr erwartet werden 
kann, als in Österreich bisher die erfreuliche Erscheinung hervorgetreten ist, dass 
die neugeschaifenen Gewerbeschulen jetzt in den ersten Jahren ihres Bestandes 
schon viel stärker besucht werden, als solches seinerzeit in Deutschland der Fall 
war. ") Wenn nun auch im Principe kaum eine. Meinungsverschiedenheit darüber 
walten kann, dass Pilsen vor den meisten anderen der Gewerbeschulen noch 
entbehrenden Städten der Monarchie, sich zum Sitze einer solchen Anstalt eignet, 
so begegnete die Regierung doch bei den Vorarbeiten zur (irünrlung einer solchen 
Anstalt dort eigenthümlichen Schwierigkeiten. 
Eine staatliche Lehranstalt mit deutscher Unterrichtssprache - und' dieser 
Unterrichtssprache muss sich die Anstalt bedienen, wenn sie ein Bildungscentrum 
für ganz Süd- und Westböhmen sein soll - wird nämlich von Seite der (iemeinde- 
Vertretung der Stadt Pilsen mit scheelen Blicken angesehen und es musste die 
Hoffnung aufgegeben werden, dass das nicht unbedeutende Erforderniss einer 
solchen Anstalt an Räumlichkeiten, Beleuchtung u. s. w. durch die Commune würde 
bedeckt werden. Da nun der Staat mit Rücksicht auf die gegenwärtige Finanzlage 
und im Einblicke auf den ohnedies grossen Jahresanfwand einer (iewerbeselaille 
die Opfer für Lncalitäten u s. W. nicht auch noch auf sich zu nehmen vermochte, 
so blieb nur zu erwarten. dass das Land Böhmen in Anbetracht des mehr als 
localen Yvirlxungskreises einer solchen Lehranstalt jene Lasten zu tragen bereit sein 
würde, deren Übernahme durch die Commune nicht erzielbar schien. 
In der That fand die Regierung ein verständnissvolles Entgegenkommen von 
Seite des böhmischen Lundesausschusses, welcher sich bereit erklärte, in der 
nächsten Landtagssession eine Beitragsleistung in Antrag zu bringen. Mit besonderer 
Freude begriisste die Pilsner Handels- und Gewerbekammer die Absichten der 
Unterrichtsverwaltung. 
Sie erbot sich, die Kosten der Schullocalitttten während des Schuljahres lß7ßf7 
aus Kammermitteln zu bestreiten, im Falle die Activirung der Gewerbeschule noch 
vor dem erst im Friihjahre 1877 bevorstehenden Zusammentritte des Laudtages 
in's Werk gesetzt würde. Jedoch stand einer so baldigen Eröffnung der Schule 
') Die Wiener k. k. Bnn- und ltlaschinangewerbescbule hatte im ersten Wintersemester nach 
ihrer Errichtung {O4 Schüler (Schuljahr i870l7i); trotz der seither susgebrochcnen wirthschaftliehsn 
Krilil, lrotl des Abatrömcna industrieller Kräfm von Wien, trotz der mittlerweile erfolgten Aetivirung 
um Geyrefbagchulßn in den Provinzen bnlnlg die Schiilerzahl im vorletzten Wintersemester (Schul- 
jxlu 1875176] schon mehr als das Doppelte, nämlich 225.
	        
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