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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Tirol und Vorarlberg

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der Fall der Pässe Scharnitz und Leutasch drängte die kaiserlichen Truppen zu 
beschleunigtem Abzug; als Erzherzog Johann durchs Pusterthal und die Generale Rohan 
und Chasteler auf anderen Wegen aus dem Lande gezogen waren, stand dessen Besetzung 
durch die Feinde nichts im Wege, denn die Tiroler verhielten sich nun nach den vom 
Erzherzog erhaltenen Weisungen und Mahnungen ruhig, so schmerzlich ihnen auch die 
Anwesenheit der Revolutionshelden war. Die Franzosen blieben jedoch nur bis Ende 
des Monats November und hielten gute Mannszucht. Nach ihrem Abzug übernahmen 
baierische Truppen unter General Siebein die Besetzung des Landes, denn Napoleon hatte 
sich entschlossen, Tirol an Baiern abtreten zu lassen. Die Nachricht hiervon traf die Tiroler 
aufs schmerzlichste. Vergeblich bemühte sich der neue Herrscher, König Max Josef von 
Baiern, die Tiroler durch mannigfache Huldbezeugungen zu gewinnen, so durch den 
Nachlaß der großen Contribution, die ihnen Napoleon auferlegt und dann Baiern über 
lassen hatte, sowie durch die Zusicherung, daß er nichts an ihrer Verfassung ändern wolle. 
Die Tiroler beruhigten sich nicht und ihre schlimmen Ahnungen haben sich erfüllt. 
Während der baierischen Regierung erlebte Tirol, wie ganz Europa in dieser 
Zeit, die gewaltigste Umwälzung; die ersten drei Jahre brachten dem Lande eine größere 
Zahl von Neuerungen und inneren Veränderungen als die letzten dreihundert Jahre 
österreichischer Herrschaft. Maßvoll beginnend, nahmen die Reformen bald einen sehr 
centralistischen Charakter an, indem sie allen Theilen des Königreichs Baiern nicht nur 
dieselben obersten Behörden, sondern auch dieselben untergeordneten Verwaltungs- und 
Verfassungseinrichtungen und Normen zu geben suchten. Vollständig mit der Vergangenheit 
brach die baierische Regierung aber erst mit der im Jahre 1808 erlassenen Constitution. 
Durch sie sollten mit einem Schlage alle mittelalterlichen Satzungen und Lebensformen 
vernichtet und auf deren Trümmern ein ganz neues Staatswesen aufgebaut werden, das 
den geänderten Staatsverhältnissen entsprach. 
Die erste bedeutende Änderung in der Landesverwaltung war die Umwandlung 
des bestehenden Hofcommissariates in das Generalcommissariat. Mit der Errichtung des 
Letzteren wurde zugleich der Wirkungskreis des noch verbleibenden Guberniums 
wesentlich eingeschränkt. Viel tiefer griff aber die Aufstellung von 24 Landgerichten und 
22 Rentämtern in die Landesverwaltung ein, denn jene bekamen alle Justiz- und Polizei 
geschäfte, die bisher die verschiedenen landesherrlichen Gerichte geübt hatten, und unter 
stützten die Kreisämter in der Beaufsichtigung der Patrimonialgerichte, die ihren Bezirken 
einverleibt wurden; die Rentämter hatten die Cameralgeschäfte erster Instanz zu besorgen. 
Eine vollständige Umwälzung trat im Verwaltungsorganismus Tirols mit Erlaß der 
Constitution ein. Damit wurden das Generalcommissariat und Gubernium sowie das 
Appellationsgericht zu Innsbruck aufgehoben, das Kronland Tirol hörte auf, sein Name
	        
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