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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 106)

gesehenen Zunftgenossen Antonius Doma- 
neck, Joseph Würth und Matthäus Don- 
ner5. Riedl wohnte mit seiner Familie 
(3 Töchter und 1 Sohn) vorerst im „rothcn 
Ygl", später „beim Walfisch Nr. 108 in der 
jusephsstadßß. Mag Riedl auch ein Heißi- 
ger Meister gewesen sein, zu Wohlstand 
oder gar Reichtum hat er es zeit seines 
Lebens nicht gebracht. Nach den Eintra- 
gungen im Steuerbuch waren seine Steuer- 
leistungen gering, doch der Verdacht, er 
habe es „mit der Ehrlichkeit gegenüber 
der Steuerbehörde nicht immer ganz genau" 
genommen 6, trifft nicht zu. Obwohl Riedl 
für die Anfertigung des Silberrahmens für 
den Sonntagberger Hochaltar 225GB Ar- 
beitslohn erhielt, klagte er bald darauf in 
zwei Briefen an den Abt über seine finan- 
zielle Notlage. Resigniert klingt die Fest- 
stellung, er habe mit der Arbeit am Silber- 
rahmen kein Glück gehabt, sei ärmer ge- 
worden als ein Bettler, wisse nicht, woher 
er für sich, seine Frau und seine 4 Kinder 
das Brot nehmen solle, und müsse sogar 
„einigen Hausrath" verkaufen. Im zweiten, 
ausführlicheren Brief bestätigt er zwar 
seinem äbtlichen Auftraggeber die pünkt- 
liche Bezahlung der vereinbarten Geld- 
beträge, aber trotzdem habe sich „bey so 
gtosser und sehr rnießahmen, auch bey 
denen Goldtschmidten ungewöntlichen 
Arbeit auch des grossen Abgangs und nicht 
genuegsahmen Aufsehen wegen und an- 
deren darzue gefahlnen unglickß-fehlen ein 
Schaden und Abgahng des Silbers" von 
143 Mark ergeben. Dadurch sei er in äußer- 
ste Armut geraten, die durch „undreye 
lcith", durch Falschheit und Intrigen, „auch 
durch gahr so erstauntlicher grosser Mich 
und zu vill Drauen und Iwersechung" ent- 
standen und vergrößert worden sei. Weil 
er trotz Gesundheit, fachlichen Könnens, 
Arbeit und Fleiß nicht imstande sei, die 
angelaufenc hohe Schuld zu bezahlen oder 
das abgängige Silber zurückzustellen, bittet 
cr den Abt, ihm Arbeit zukommen zu las- 
sen. F.r sei bereit, einen Teil des verdienten 
Geldes zur Rückzahlung der Schuld zu 
verwenden, den anderen benötige er aber 
für die Versorgung seiner Familie, zur 
Bestreitung des Haushaltes, zur „Errich- 
tung der bürgerl. Steier wie auch des jahr- 
solds der Goldtschmidt und auch des 
bürgerl. Zeighaus". Er zeigt sich in seinem 
Angebot auch noch bereit, eine Reihe nach- 
teiliger Bedingungen hinzunehmen, wenn 
ihm der Abt für die Arbeit nur einen Platz 
im Kloster zur Verfügung stellen könne7. 
Die traurige Lage Riedls hat wohl Abt 
Dominik bewogen, mit dem immerhin 
tüchtigen Goldschmied wieder in Verbin- 
dung zu treten und ihm Aufträge zu er- 
teilen. In den folgenden jahren schuf Riedl 
in der Sonntagberger Monstranz eines 
seiner Hauptwerke, etwas später den präch- 
tigen Silbertabernakel und zwei Reliquia- 
rien in der Kirche der Englischen Fräulein 
in St. Pöltenii. Die Bemerkung im Steuer- 
buch „erarmt"6 paßt zum geringen Ver- 
mögen, das Riedl seiner Familie hinter- 
lassen hat: abgetragene Kleidungsstücke, 
veraltete Einrichtungsgegenstände, Kü- 
16 
chengeschirr und das „wenige vottathige 
Werkzeug", zusammen im Werte von 34 H. 
Es wurde daher auch nach Riedls Tod am 
21.September 1790 verfügt, daß die ge- 
ringe Verlassenschaft der Witwe „auf 
Abschlag der Krankheit und Laichkösten 
cingeantxvortet" werde9. 
Franz Kirk ist vermutlich 1720 in Wien 
geborenlo. Über seinen Ausbildungsgang 
ist nichts bekannt. 1748 hat er seine drei 
Meisterstücke verfertigt, ist „vor einem 
Mitbruder erkent worden", hat „seine 
Malzeit geben nebst Erlegung 50 H in die 
Laht und 6H vor den Herrn Münzmai- 
ster"11. In diesem Jahr hat Kick auch ge- 
heiratet. Wenn auch über seine Arbeiten 
nur wenig bekannt ist, dürfte er doch ein 
angesehener Meister gewesen sein. Seit 1762 
wirkte er nämlich durch viele Jahre als 
„alter Schätz- und Goldzeichen-Meister", 
für zwei Jahre auch als „Alter Vorsteher" 
(Innungsmeister), dem die Leitung der 
Innung und die Fürsorge für die Meister- 
familien, Gesellen und Lehrlinge anver- 
traut warll. Beim Tode seiner 42jährigen 
Gattin Maria Anna (1770) wohnte Kick 
mit seinen drei Söhnen, von denen die 
beiden ältesten Golclarbeitergesellen waren, 
„beym umkehrten Stifel Nr. 502 im Juden- 
gaßl". Der sechsjährige Hieronymus, der 
„an der Wassersucht elendig darnider" lag, 
dürfte bald nach der Mutter gestorben 
seinl3. Seine zweite Ehe schloß der Gold- 
schmied am Beginn des Jahres 1777 rnit 
der in Marburg geborenen Thercsia Eckart, 
der Tochter eines Proviantverwalters zu 
Pettau 14. Die Braut stellt als Heiratsgut 
500 H in barem Geld und 200 H „zur Ein- 
richtung" in Aussicht, während der Bräuti- 
gam als „Widerlag nebst dem bürgerl. 
Goldarbeitersgewerb und dem darzuge- 
hörigen Werckhzeug" noch 1000 fl und „zu 
einer Morgengaab ein- und andere Praetiosa 
im Werth per 70 H" verspricht. Doch schon 
am 29. Dezember 1777 ist Kick in seiner 
Wohnung im Alter von 57 Jahren ge- 
storben. Bei der Inventur nach seinem Tod 
fand man an Vermögen 771 H, wovon aber 
nach Abzug verschiedener Spesen (z. B. 
Begräbniskosten) nur 5091-1 übrigblicben. 
Für den aus zweiter Ehe „anwartenden 
posthumum" wurde als Vormund der „bey 
der Flucht nach Egypten Nr. 275 am Juden- 
platz" wohnende Silberatbeiter und spätere 
Alte Vorsteher Anton Wipf vorgeschla- 
gen15. 
Die Kontaktnahme des Stiftes Seitenstetten 
mit dem Goldschmied Joseph Wilhelm 
Riedl hat schon bald nach der Verfertigung 
seiner Meisterstiicke begonnen. Infolge der 
nicht mehr ganz klar durchschaubaren 
Unstimmigkeiten während der Ausführung 
des Sonntagberger Hochaltares wurde die 
Zusammenarbeit mit dem Wiener Silber- 
schmied Franz Ratzesperger abgebrochen 
und die Ausführung der Einzelteile des 
Hoehaltares anderen Künstlern übertra- 
gen 16. Wohl auf Empfehlung des Archi- 
tekten Melchior Hefele schloß Abt Domi- 
nik um die Mitte des Jahres 1753 mit Riedl 
einen Vertrag, in dem sich der Goldschmied 
verpHichtete, den Silberrahmcn des Gna- 
ANMERKUNGEN 5,15 
s Trauungsprotokolle der Dnmpfarrv S1 Stephan 111 Wien 1. 
(Tom. 55, 1751152, 151.70) und uur Pfarrc S1. Michael 
111 Wien 1. (Tom. F. s. 565 zum 23.1.1752). 
ß F. Windisch-Gmelz. a. a. 0.. s. a1, Anmerkung 4. 
1 Stifrsarchiv Scilcnstenen (SrAS), 41,11. 2 Briefe vom 
11. und 24.8.1757. 
1 F. Wimiisch-Gracrz. 3.2. 0.. s. .11. 
ß Archiv der 515111 Wien (ASrW), AZJ, Fasz. 2, Nr.3413. 
s rzs - Relation und Einlagehlatl. 
w aufbuch der Dompfarrc S1. Stephan 111 Wien 1.. Tom. so 
11711171721). s.47, zum 12. 1. 1720. 
11 AS1W. Innuugcn 1171112. Zunflhuch der hürgcrlichen 
0011111111141 allhier 111 Wien 11135 172511„ m1. 141. 
Nr. 134. 
u Hanns läger-Sunslcnau. Innungslncisrcrvcrzcichnis der 
Wimcr Goldschmiede. in: Uhrm Juwelen, Fachzxit- 
schrifr der Uhrcn- und Schmuckwirlsrhaft. 154g, M51 
191,7. s. 43. 
u AS1W. Totcnbcschauprolokoll 17711. 1111x101. 55.24.1119. 
robcr 1770. und Sperr: _ lkcluxion A2]. Fasz. 540 
Nr. 299. 
H Trauungsprotokulk der Dompfurrc S1. sruphuu in Wien 1.. 
Tum. 71, fcl. 42 (zum 12.1. 1777). 
ß AS1W, Totenbeschauprorokoll 1777, CGK. 1111. 12a. und 
Sperr: _ Relation AZ], Fasz. 45a, Nr. 1.5 mit beiliegun- 
dem Hejratsvenrag vom 12.12.1776. 
m Franz Ubezlzcker, Sonntagburg. Vom Zeichenskcin zur 
115311115. was. s. 1211.
	        
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