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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 1. Jahrgang 1904/05

WIE ERLANGT EINE STADT 
EINEN TECHNISCH UND KÜNSTLERISCH 
EINWANDFREIEN REGULIERUNGSPLAN ? 
ANFRAGE 
DER STADT SALZBURG. 
D ie Stadt Salzburg beabsichtigt einen Regulierungsplan 
für die ALTSTADT zu beschaffen und wurde zu 
diesem Zwecke eine Kommission gewählt, welche 
beschloß, sich mit mehreren im Städtebau hervorragenden 
Fachmännern ins Einvernehmen zu setzen, um ausführliche 
Gutachten über die Grundsätze zu erhalten, die unter Wahrung 
des Charakters dieses Stadtteiles eine den Verkehrs^ und 
Gesundheitsverhältnissen entsprechende Verbauung zulassen. 
Dazu sei bemerkt, daß die Stadt Salzburg nach der Polygonal' 
Theodolit'Methode durch das k. k. TriangulierungS' und 
Kalkulbureau neu vermessen und eine Katastralmappe im 
Maßverhältnisse i : 720 hergestellt wurde, welche nun wohl 
berufen sein wird, als PLANUNTERLAGE für den neuen 
Regulierungsplan zu dienen. Die Altstadt, welche sich am 
Fuße des Festungsberges längs der Salzach hin ausdehnt, 
verursachte infolge der oft wunderlich komplizierten Bauweise 
und der engen Raumverhältnisse in den Gassen und Höfen, 
Unzugänglichkeit der Besitzgrenzen etc., bei der Detailaufnahme 
große Schwierigkeiten. 
ANTWORT 
DER „HOHEN WARTE“. 
WIE ERLANGT EINE STADT EINEN TECHNISCH 
UND KÜNSTLERISCH EINWANDFREIEN REGU' 
LIERUNGSPLAN ? 
Die Mehrzahl der Städte sieht sich früher oder später zu 
dieser Fragestellung veranlaßt, denn die Mehrzahl der Städte, 
die sich auf Grund eines alten oder eines neuen Regulie- 
rungsplanes erweitern, stehen alsbald mehr oder weniger 
unheilvollen Verlegenheiten gegenüber, wenn der Regulk' 
rungsplan in irgend einer technischen oder künstlerischen 
Hinsicht mangelhaft ist, was in neunundneunzig von hundert 
Fällen vorkommt. 
WIE SIND DIE MEISTEN BESTEHENDEN STADT' 
REGULIERUNGEN BESCHAFFEN? 
Entweder hat der neue Regulierungsplan die grundbesitz' 
rechtlichen Verhältnisse nicht genügend beachtet, oder er ist 
auf Grund alter Vermessungen oder mit unvollkommenen 
Meßmethoden ermittelt und nicht mit der natürlichen Lage 
der Dinge übereinstimmend und in beiden Fällen nicht 
durchführbar, oder er betont einseitig die Verkehrstechnik 
und tut darin zu viel oder zu wenig, sicherlich aber zu wenig 
hinsichtlich der Wohnlichkeit, die in der Regel einem ein' 
gebildeten Verkehrsbedürfnis geopfert wird, oder er beachtet 
wenig oder gar nicht gewisse natürliche Verhältnisse, Terrain' 
beschaffenheit, Wasserläufe und Niederschlagsmenge, die 
herrschende Windrichtung und Sonnenlage, bestehende alte 
Straßenanlagen und Kulturen, wie alte Bäume, Garten' 
bestände etc., und endlich beachtet er fast nie die künst' 
lerischen Forderungen, die die Synthese aller erwähnten, 
fast nie ganz beachteten Forderungen darstellt. Solcherart 
ist die Grundlage beschaffen, aus der die traurigen städtischen 
Neubildungen und Umbildungen entstehen, die als Ver' 
ödungen und Verhunzung der alten charakteristischen und 
künstlerischen Stadtgebilde in diesen Blättern, wie von allen 
einsichtigen und künstlerisch verständigen Menschen, tief 
beklagt werden und im Vergleich mit den alten Städte' 
bildern einen proletarischen Niedergangstypus darstellen. 
AUS WELCHEN URSACHEN ENTSTEHEN DIESE 
MANGELHAFTEN REGULIERUNGSPLÄNE UND 
STADTREGULIERUNGEN ? 
Sie entstehen aus dem mangelhaften Verständnis der Ge' 
meinden für die Wichtigkeit der Sache und aus der um
	        
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