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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 124)

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Die Vleihnachts-Ausstellung des Oesterr. Museums. 
' Von Jacob Falke. 
Zum zweiten Male hat das Oesterr. Museum seine Weihnachts-Aus- 
stellung für die heimische Kunstindustrie dem Publicum erölfnet. Es ist 
in denselben Räumen geschehen wie im vorigen Jahre, grossentheils rnit 
denselben Namen, mit der gleichen Zahl der Aussteller, und doch können 
dem aufmerksamen Beobachter, der den Dingen näher steht, wesentliche 
Unterschiede nicht entgehen. 
Es ist eine auffallende Erscheinung. wenn wir die Noth der Zeit 
bedenken, die Klagen, die seit dem Frühling von i873 niemals herber 
lauteten denn heute, die Unlust zum Kaufen und in Folge dessen die Un- 
lust zur Arbeit oder zu neuer Arbeit. Man hätte erwarten sollen, dass 
eben Alles sinkt und immer tiefer sinkt und in Muthlosigkeit stillsteht. 
Das ist aber nicht'der Fall, wenigstens nicht so sehr, wie man ver- 
muthen möchte. Ja, die Veränderung, die wir wahrnehmen oder wahrzu- 
nehmen glauben, kommt uns wie der Uebergang zu einem mehr ange- 
messenen und mehr natürlichen Wege vor. Das verständlich zu machen, 
müssen wir uns eine kleine Abschweifung in die Ferne erlauben. 
Die Weltausstellungen haben zu ihren anregenden und wohlthätigen 
Wirkungen, die wir in keiner Weise in Frage stellen wollen, alle mit- 
einander einen grossen Nachtheil für die Kunstindustrie gehabt, der sich 
stäiig vergrössert hat. Indem sie den Ehrgeiz des Fabrikanten aufstachelten, 
veranlassten sie ihn zu forcirten Arbeiten, zu übertriebenen Leistungen, 
die auf den Schein, auf Blendung der Augen und der Sinne berechnet 
waren, die auffallen, anlocken sollten, aber in Wirklichkeit kein Bedürfnifs 
waren und in dem natürlichen oder gegebenen Zustande der Dinge kein 
Recht zu ihrer Existenz besessen. So sind eine Menge Dinge entstanden, 
deren Zahl von Ausstellung zu Ausstellung anwuchs: reine Luxusgegen- 
stände, unbrauchbar in Bezug auf den Zweck, unverkäußich wegen des 
hohen Preises, den sie für das Material und die verschwendete, meist mit 
dem Resultat ausser allem Verhältniss stehende Arbeit verlangen müssen. 
Ladenhüter, Prachtstücke der Schaufenster, sind sie mehr ein Gegenstahd 
des Aergers als der Freude, verderben um der getäuschten Hoffnung 
willen die Lust zu neuer guter Arbeit, um so mehr, als sie in den meisten 
Fällen nicht einmal des moralischen Beifalls im Publicum oder bei Kunst- 
kennern sich zu erfreuen gehabt haben. 
Gilt dies ausnahmslos für alle Weltausstellungen, weil die Natur der 
Sache es so mit sich bringt, so noch in erhöhtem Masse für die des 
Jahres 1873. Sowohl der Geist, welcher die Geschäftswelt in den nächst 
vergangenen Jahren belebte und zu kühnen Thaten ermuthigte, als auch 
die übergrossen Erwartungen, welche man von dieser Ausstellung gehegt 
hatte, waren der Entstehung von Arbeiten der geschilderten Art nur zu 
günstig. Viele hatten Anstrengungen gemacht und sich in Kosten gesteckt 
neit über ihre Kräfte. Blieben diese Gegenstände schon auf den früheren
	        
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