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Volltext: Ausstellung neuer amerikanischer Baukunst

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Architektur immer getragen worden ist, die Grundtriebkraft, deren 
Erscheinungsform fortwährend wechselt. 
Ich bin mir sehr wohl bewuBt, dag diese Ansichten nicht all 
gemein verbreitet sind unter den Archilekten. Auch sind Thesen 
dieser Art nicht in den Geschichts-Lehrbüchern niedergelegt. Denn 
die vorherrschende Ansicht über die Architektur ist äugerlich und 
unfruchtbar, wie es leider fast alle landläufigen amerikanischen 
Ideen über große Entwicklungen und das Glück des Volkes sind. 
Das heiBt: in unserm demokratischen Lande sind Ideen und Ge 
danken verhängnisvoll undemokratisch geworden. 
Die meisten von uns haben in höherem oder geringerem Grade 
eine ganz natürliche Gabe, die Dinge zu erkennen. Aber merk 
würdigerweise scheuen sich viele, ihre Gedanken auszusprechen, 
weil sie nicht die konventionelle Genehmigung haben, weil sie nichl 
den Amtsstempel des so oft mißverstandenen Wortes Gelehrsamkeit 
oder Bildung tragen. Es ist derselbe gelehrte Götzendienst, der 
eine vernunftwidrige Kluft zwischen Theorie und Praxis geschaffen 
hat, zwischen Kenntnissen und wirklicher Bildung. Bei richtigem 
Denken kann es eine solche Kluft nicht geben. Eine richtige Art 
der Erziehung sollte in einer sorgfältigen und vollständigen Ent 
wicklung unserer natürlichen Denkkraft bestehen, die in Wirklichkeit 
weit größer, unendlich viel empfänglicher für Entwicklung ist, als 
man gemeinhin annimmt. Die Starrheit, mit der wir gewohnheits 
mäßig die schlummernden Kräfte des durchschnittlichen Menschen 
geistes unterschätzen, ist beschämend. Sie stellt tatsächlich einen 
Aberglauben dar, der nur zurückgeführt werden kann auf die Schul 
weisheit vergangener Jahrhunderte und auf den hartnäckigen so 
zialen Kastenbegriff. 
Es beunruhigt, zu sehen, daß das System der Erziehung, für 
das wir fast verschwenderisch große Mittel aufwenden, seine wahre 
demokratische Aufgabe nicht erfüllt. Besonders in den sogenannten 
höheren Zweigen steuern wir anscheinend täglich reaktionäreren 
und exklusiveren Gesinnungen zu. 
Es ist keine angenehme Betrachtung, es ist aber so; vielen 
unserer Studierten fehlt es an der Fähigkeit, klar zu sehen und ein 
fach, scharf und folgerichtig zu denken. Bei solchen Individuen 
zeigt sich mehr Schlauheit als Rechtschaffenheit, mehr Mißtrauen 
gegenüber den Menschen als Vertrauen in sie, und ihre Fähigkeit, 
zu verstehen, hat künstliche Grenzen. 
Als zweiten Typ besitzen wir den zwar geistig tätigen, aber 
„ungebildeten“ Mann. Er ist praktisch, aber haftet an der Ober 
fläche; und ob es sich um große oder kleine Dinge handelt, er bleibt 
stets in gleicher Haltung. Seine Gedanken beschäftigen sich fast
	        
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