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des Erfolges. Ihr geht stillschweigend davon aus, alle andere Philo
sophie sein ein leeres Wort, nicht eine Lebensnotwendigkeit.
Aber eine gesunde, ernst gemeinte Philosophie ist die rettende
Barmherzigkeit eines demokratischen Volkes. Sie bedeutet sehr ein
fach ein abwägendes System des Denkens für die Lebensbedin
gungen eines Volkes. Sie ist durchaus praktisch. Denn sie ver
hindert Fehler und Verschwendung. Sie sieht weit zurück und weit
voraus, und sie würde auch unbcwu&t Eurer Architeklur ihren Stem
pel aufdrücken.
2. Und Poesie? Mir scheint. Eure Architektur enthält hie und
da eine schwache verborgene Spur davon. In stillen Landhäusern,
in schönen Arbeitsstätten. Sie verrät dramatische, lyrische, an
sprechende Möglichkeiten. Sie drückt menschlichste Eigenschaften
aus, die Ihr als Volk besitzt und die Ihr Euch nur schämt,
offener zuzugestehen. Eine Hoffnung schaut aus diesen schüch
ternen Anklängen. Denn wer immer es prüft, wird das amerikanische
Herz, mag es noch so wankelmütig und zu Zeiten kalt sein, doch
als einen unerschöpflichen Bronn erkennen. Darum solltet Ihr Mul
zur Poesie haben. Richtig verstanden, bedeutet sie ja die auf das
Höchste ausgebildele Form geistigen Schauens. Sie ist die Kraft, zu
sehen, was dem Menschen die Fülle des Lebens offenbart und ihn
zur Erfindung begeistert.
3. Und endlich die Kunst des Ausdrucks — Ihr als Volk habt
Euch noch nicht natürlich ausgedrückt. Ihr scheut dies sogar, wie
Ihr denn auch gern zynisch seid und gern über andere lächelt. Auch
höre ich Euch wohl mürrisch sagen: „Wir sind zu jung, um an diese
Fertigkeiten zu denken. Wir sind so beschäftigt gewesen mit an
deren notwendigen Dingen, mit Eroberungen und Entdeckungen, mit
der allernotwendigsten Einrichtung im neuen Lande. Wir hatten
keine Zeit, an künstlerischen Ausdruck zu denken.“ Das aber ist ein
grober Irrtum. Es handelt sich nicht um Fertigkeiten, die zu er
ringen sind, sondern um Lebensnotwendigkeiten, die man nicht un
gestraft auger acht lassen darf. Ihr seid so alt wie Eure Rasse ist.
Jeder von Euch hat deren Summe in sich. Er kann sie schweigen
lassen um anderer Güter willen —, er mu§ sie sprechen lassen,
wenn er die Pflicht erkannt hat, die einem jeden von uns obliegt,
die Pflicht zur Ehrlichkeit, zu wahrem, unverfälschtem und gesun
dem Ausdruck in der Sprache unserer Rasse.
Ungeheure, unverbrauchte Kräfte schlummern in Euch. Lagt
sie nicht langsam verkümmern, sondern weckt sie und nutzt sie aus
zum Wohle des Ganzen. Zögert nicht. Denn es ist heute so wahr
wie damals, als einer Eurer Großen sprach;
„The way to resume is fo resume!"