3
33
C. ZUM GEDÄCHTNIS
LOUIS HENRY SULLIVAN UND
BERTRAM GROSVENOR GOODHUE
LOUIS HENRY SULLIVAN
geboren Boslon 1856, gestorben Chicago 1924.
Wer die Geschichte einer Künstlerseele lesen will, der lese die
Selbstbiographie dieses Mannes, „The Autobiography of an Idea“,
erschienen im Jahre 1924, fast genau am Tage seines Todes. Wie
er in die Landschule ging — wie er begann, Natur den Büchern
vorzuziehen, — wie er nach Boston zur höheren Schule und zum
Technikum kam, — was er dankbar in Paris lernte, ohne sich selbst
zu vertieren, — wie er mit 25 Jahren seine selbständige Arbeit zu
sammen mit dem deutschen Architekten Dankmar Adler be
gann, — wie er zum ersten Male die Meistersinger hörte, —
wie, im Kampf um das nie aus den Augen verlorene Ideal reiner
Kunst, manch verhaßte Gegnerschaft und manch begrüßte Freund
schaft heranwuchs, — wie die ersten Wolkenkratzer in Chicago
und in St. Louis und nicht in New York entstanden, — wie der
Älterwerdende in der steigenden Flut des Mammonismus fast an
seinem Volke verzweifelte und doch wieder neue Hoffnung für eine
fernere Zukunft sah, — ist es ein Buch voll tiefer Liebe zum
Vaterlande, voll echter Lyrik, voll männlichen Eintretens für die als
gut erkannte Sache.
Was das höchste Ziel Sullivans war, enthüllt auch sein Aufsatz
von 1906 (Nr. 111 dieses Katalogs). Um den Meister auch etwas
konkreter, als dort, zu Worte kommen zu lassen, soll hier eine
Stelle aus der Autobiographie über das Hochhaus folgen;
„In Chicago begrüßten die Architekten die Eisenkonstruktion als
einen neuen Faktor im Bauwesen, den sie nun künstlerisch auszu-
werten suchten. In New York dagegen war man erschrocken. Dort
stand das Geschäft im Vordergrund. Man war so gut eingearbeitet