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wohl diese Anspielung auf den Fisch sich schon in Tertullians Tractat de bap-
tismo, der zu Ende des 3- Jahrhunderts n. Chr. verfasst ist, findet, müssen wir
unseren Gobelin doch in eine bedeutend jüngere Zeit versetzen. Der Ductus, so
wie das Gemisch lateinisch-griechischer ßuclistabenformen, weisen bestimmt in die
Zeit des Kaisers Heraclius, erste Hälfte des 7. Jahrhunderts n. Ch., für welche wir
zahlreiche epigraphische Belege auf den Münzen finden. Interessant ist die That-
sache, dass in den figuralen Darstellungen mancher Gobelinborten unseres Fundes
jenes altchristliche Kunstmotiv, der Fisch (IxtKic) sich gleichfalls vorfindet. S. die
Nr. 137 etc.
113. Die untere Hälfte einer jüdischen wollenen Prachttunica. Der Ge
wandstoff ist ein weissgestreifter, safranfarbiger (kpokuitoc) Ribs, be
setzt mit breiten, purpurnen Gobelinborten in zarter, weisser Orna-
mentirung, welche über die ganze Länge des Gewandes bis zum
Saum hinabreichen. Letzterer besteht in einer schönen breiten, rothen
Wollborte mit weissen, lancirten Kreisornamenten, welche je zweimal
gerade und rückläufig die drei hebräischen Buchstaben 033 (= nkm)
als Abkürzung der Eulogie: nischmato kabud menühatä (Seine Seele,
in Ehre sei ihre Ruhe!) enthalten.
Es ist ein merkwürdiges Zusammentreffen und eine glückliche Fügung, dass die
imFaijümer Papyrus-Fund (s. II. Abth. Nr. 55o -*552) plötzlich zu Tage gekommenen
ältesten geschriebenen Urkunden der Hebräer, eine hochwillkommene ergänzende
Parallele durch unser textiles Prachtstück erhalten haben. Dieses und die genannten
Papyrus sind in das 7.— 8. Jhdt. n. Chr. zu versetzen. Was die drei hebräischen
Buchstaben anbelangt, deren Beziehung zur funeralen Bestimmung des Gewandes
nach der obigen , mir durch Herrn Prof. D. H. Müller zu Theil gewordenen Er
klärung ausser Zweifel steht; so sei bemerkt, dass nach des genannten Fachgelehrten
Darlegung derlei abgekürzte Eulogien auf alt-hebräischen Grabsteinen nicht selten
anzutreffen sind. Zum Belege mögen hier nur die folgenden erwähnt sein:
D3J nbt — nafscho betob talin »Seine Seele weile im Guten«,
ne — nischmato t eden »Seine Seele sei im Paradies«,
5333 wkm — wehaja kabud menühatä »Es sei Ehre ihre Ruhe«.
1 14. Rothes kurzärmeliges Kinderkleid mit geschweiftem Schnitt und
unteren Randschlitz, aus festem, dichtem Wollstoff. Auf der linken
Brustseite ist ein grosser blauwollener, mit überschossener weisser
Musterung dessinirter Lappen (tabula) als Modeabzeichen aufgenäht.
1 i5. Ein grosses, sehr merkwürdiges, als Leichentuch gebrauchtes Linnen
stück, dessen eigenthümlich verschlungene geometrische Ornamente
aus langen, unaufgeschnittenen Plüschnoppen bestehen. Die Farben
sind: roth, gelb, grün und schwarz.
116a. Grosses Kibätij - Leinen (s. Anm. zu Nr. 81), verziert mit farben
kräftiger Gobelinmusterung. Die Fläche ist mit Reihen von abwechselnd
grösseren und kleineren Herzblattmotiven besetzt, dazwischen als
Hauptmotiv ein grosses Rundmedaillon, das von vier etwas kleineren
Kreisornamenten umgeben ist. Ein Todtentuch.
116 b. Kibätij-Linnen von ursprünglich derselben Anordnung der Ornamentik.
Erhalten ist nur ein mit einer buntfarbigen Rosette gefülltes Rund
medaillon. Ueberrest eines Todtentuches.