Seite 198
Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 24
selben Meisters Doppelbildnis Luthers und. seiner
Frau (Nr. 161) wurde von M 20.000 auf 104.000 ge
steigert. Norwegen erwarb die Madonna von Lucas
van Leyden (Nr. 117) um M 140.000, Schweden den
„Christus" von Memling (Nr. 69) um M 72.000,
Holland die wundervolle „Geburt Christi ' von
Geertgen Tot St. Jams (Nr. 106) um M 205.000.
Den Monsterpreis von M 390.000 zahlte ein Wiener
Industrieller für das Werk eines unbekannten Fran
zosen des 15. Jahrhunderts, ein Bildnis von Rogier van
der Weyden wurde einem Berliner Kunsthändler
um M 340.000 zugeschlagen. Für Gemälde allein
wurden M 7,827.000 erlöst.
Die Skulpturenversteigerung brachte Bronzen ita
lienischer und süddeutscher Meister, darunter die
thronende Madonna mit dem knienden Mönch als
Stifter, in Vergoldung und emailartiger : Bemalung
(Nr. 179), und die Halbfigur der Madonna von Peter
Mischer (Nr. 180). Das. erstere Werk wurde für
M 60.500, das zweite für M 60.000 erworben. Die
Grablegung Christi von Riccio ,(Nr. 169), eines der
gesuchtesten Werke des Meisters, erzielte M 6000, ein
schwarzlackpatiniertes Relief des knienden Hieronymus
IM 1250, ein viereckiger Kasten, in Padua um das
Jahr 1500 erzeugt, M 6100.
Zu sehr hohen Preisen brachten es die Statuetten.
Ein stehender Herkules (Nr. 193), ging von M 1000
auf M 10.200, die Bronzestatuette des schreitenden
Hengstes, der auf Leonardo da Vincis Reiterdenkmal
entwürfe zurückweist (Nr. 194), auf M 21.500. Der
schleichende Vogelsteller mit Blendlaterne und Stock
von Giovanni da Bologna (Nr. 197) wurde für
M 24.000, Nessus und Dejanira aus dem Ende des
16. Jahrhunderts (Nr. 199), für M 16.000 und die
groteske Statuette eines Zwerges mit Blumen, das
Werk eines niederländisch-italienischen Meisters
(Nr. 203), für M 11.500 gekauft. Ricciös stehender
Satyr mit Vase und Panflöte (Nr. 213) und das Gegen
stück, die stehende Satyrin mit Vase und Leier (Nr. 214),
wurden zusammen auf M 120.000 gesteigert. Die
seltene Wölfin, eine oberitalienische Arbeit aus dem
16. Jahrhundert (Nr. 224), kam von M 1500 sogar
auf M 80.000, und das Hauptstück der Statuetten,
eine phantastische Zierflasche mit Pelikan- und Fratzen
figuren (Nr. 215), gelangte auf M 68.000.
Die bemalte Holzfigur eines heiligen Josef (Italien
16. Jahrhundert, Nr. 272), brachte es auf M 32.500,
eine Madonna mit Kind aus der Werkstatt des Do-
natello (Nr. 276) auf 1*1 42,000. Luca della Robias
farbenfrohes Tonbildnis der Madonna mit spielendem
Kind (Nr. 278), ging für M 20.700, und des gleichen
Meisters in rot, blau und grün leuchtende Madonna
mit Taube und Cherubim (Nr. 279) für M 7500 in.
Privatbesitz über. Zwei Leuchterengel von ruhigem
Rhythmus der Linie und Gebärde aus Giovanni della
Robias Werkstatt (Nr. 280), wurden für M 26.000
von einem Händler erworben. Zwei wundervolle flo-
rentinische Leuchterengel (Nr. 285) und die Tonbüste
eines jungen Mannes, im Stil des Andrea del Verroc-
chio gehalten (Nr. 286), wurden für M 49.000 und
M 50.000 einer Wiener Privatsammlung einverleibt.
Sehr leidenschaftlich gestaltete sich der Kampf um
einige geschnittene Steine; so stieg das goldgefaßte
kleine Hochrelief eines Cäsarenkopfes von M 100 auf
M 3100, das Halbrelief „Eros auf einem Zweigespann“
von M 100 auf M 3800 (Käufer: Schwarz und Salomon).
Eine deutsche Arbeit von ganz besonderem Reiz,
ein sitzender Bischof in romantischer Architektur und
schon gotischem Faltengewand (Nr. '306) wurde von
). S. Drey (München) für M 7200, eine alabasterne
Kreuztragung aus der zweiten Hälfte des 15. Jahr
hunderts mit deutscher Inschrift (Nr. 309) für M 29.000
von Rosenbaum angekauft. Eine aparte französichse
Wandfigur aus der Schule von Dijon (Nr. 307) ging
für M 12.000 in eine Berliner Privatsammlung über.
Von den Holzschnitzereien brachten es zwei Tiroler
Altarflügel (Nr. 313 und 314), die Dr. Gotschewski
(Hamburg) kaufte, auf M 23.000, ein augsburgisches
Hausaltärchen mit der reich bewegten Szene der
Enthauptung des Täufers (Nr. 333), das J. Drey jun.
(München) erwarb, auf M 35.000; von dem letzteren
wurde auch eine süddeutsche Madonna in bemaltem
und vergoldetem Holz (Nr. 350) für M 38.000 ersteigert.
Von den übrigen Skulpturen, die zur Versteigerung
gelangten, seien noch die Plolzwandfigur einer nieder
deutschen Heiligen Anna (Nr. 373), die es auf M 38.000
brachte, und eine ebenfalls niederdeutsche gekrönte
Maria mit Buch (Nr. 374), die Julius Böhler (München)
für M 33.500 erwarb, erwähnt. Zwei niederländische
Chorstuhlwangen aus Eichenholz mit reicher Schnitzerei
(Nr. 383 und 384) wurden von Paul Graupe (Berlin)
für M 41.000 gekauft. Das Kaiser-Friedrich-Museum
in Berlin erwarb für M 30.500 zwei wundervolle kleine
Leuchterengel aus Niederbayern. Sonst verhielten
sich die Museen ziemlich zurückhaltend.
Chronik.
Bibliophilie.
(Unbekannte Predigten des heil. Augustinus.)
Eine wertvolle literarische Neuentdeckung wird in kurzer
Zeit der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Es sind dies bisher
noch ganz unbekannte Predigten des heil. Augustinus,
d ie in einer Wolfenbütteier Handschrift entdeckt worden sind.
Hie Entdeckung wird einem Belgier verdankt, dem hochver
dienten, auch während des. Krieges in stiller Porscherarbeit
tätigen Benediktiner Germain Morin. Ein deutscher Verlag
ist es, der die friedliche Arbeit des belgischen Gelehrten an die
Öffentlichkeit bringt. Das Werk, dessen Widmung Reichs
kanzler von Hertling angenommen und das die Görres-
Gesellschaft durch einen namhaften Zuschuß unterstützt
hat, wird demnächst von der Köselschen Verlagsbuchhandlung
in Kempten und München herausgegeben werden.
(Ein Unikum.) Der Heidelberger Universitätsbibliothek
hat Paul Heitz (Straßburg) die Bruchstücke eines kleinen
Heidelberger Katechismus von 1560 geschenkt, eines bei
Anthony Formschneider 1560 erschienenen unbekannten
Heidelberger Lutherdruckes. Der Drucker ist, wie Rudolf
Sillib im „Zentralblatt für Bibliothekswesen" schreibt,
anscheinend ein Pseudonym für den Hugenotten Anton
( ortboys, von dessen Druckerei bisher noch kein Druckwerk
nachgewiesen war. Der Katechismus von 1560, der ein Unikum
ist, weist gegenüber der ältesten unter Luthers Namen bekannt
gewordenen Erfurter Normalausgabe von 1549 erhebliche
Verschiedenheiten auf. Die Freiheit der Behandlung des Vater-