9
VIKTOR FADRUS
ERZIEHUNG ZUM GUTEN
BILLIGEN GEGENSTAND
Im« Gang durch die Kaufhäuser der Stadt zeigt uns deutlich, wieviel
unschöne, unpraktische Waren auf den Markt gebracht werden. Wenn
auch in den letzten drei Jahrzehnten eine Besserung zu verzeichnen ist
auf dem Gebiete der wohlfeilen Luxnsgegenstände dank den Bemühungen
der kunstgewerblichen Kreise, so wurde der Veredlung der Mas.senartikel
erst m jniigster Zeit Beachtung geschenkt: dies ist hauptsächlich das Ver
dienst einiger Köpfe des Deutschen und Österreichischen Werkbnndes.
ln der Demokratie folgt der politi.schen Gleichberechtigung auch die
Ausdehnung der Menschenwürde auf das gesamte Volk; die Sorge um
eine bessere Wohnkultur und um menschlichere Lebensführung auch für
die breiten Volkskreisc hat zur Folge, daß auch dem Massenartikel mehr
Sorgfalt zugewendet wird, Fs gilt also, der industriellen und gewerblichen
rvpemvare für den einfachen Haushalt eine gute zweckbestimmte Form
zu geben. Wie weit der Formwille der Zeit die Massonware einem Ver-
edlungsverfahrcn unterworfen hat, zeigt in anschaulicher Weise unsere
Au.sstellung ,,Der gute billige Gegenstand“!
F,^ handelt sich jetzt darum, den breiten Volkskreisen diese Wandlung
bewußt zu machen, sie zu dem guten billigen Gegenstand zu erziehem
I nseren Schulen erwächst damit eine neue Aufgabe. In dem Zeichen- und
Handarbeitsunterricht wird neben dem kunstgewerblichen Finzelstück, bei
dem der Schüler mit dem Material und Werk in lebendige Beziehung
kommt, der Versuch unternommen werden müssen, die „Identifizierung
der W'crkform und der Kunstform“ auch an guten Typenwaren erleben
zu lassen. Sie wird au Beispiel und Gegenbei.spiel an wirklichen Gegen-
standen, im Lichtbild, in der Zeichiiiing erreicht werden können. Das
(leliihl iür Zweckmäßigkeit, Fiiifachheit, MaterialechÜieit, Brauchbar
keit und Haltbarkeit wird so auch an der industriell oder gewerblich
hergestcllten guten Typenware erweckt werden können. So soll der Schüler
der allgemein bildenden Schule zum kriti.schen Käufer erzogen werden,
damit er den guten Gegenstand von Kitsch und Schund zu unterscheiden
vermag und nicht unnütz Geld für letztere opfert.
In gleicher Weise wird sich die Ausbildung der l,elirlinge und Lehr
mädchen an den gewerblichen Forthildungsschulen immer mehr neben
dem hochwertigen Finzelstück auch der maschinellen Herstellung der
guten lypeiiware im Werkstättenunterricht zuwenden müssen. In den