55
LUDWIG NEUMANN
DER GRBRAUCHSGEGENSTAND
ALS
OBJEKT DER VOLKSWIRTSCHAFT
Nur auf den pnmitivsten Stufen des Wirtschaftslebens ist der Erzeuger
und der \erwendor eines Gebrauchsguts ein und dieselbe Person. Je
mannigfaltiger und höher die Bedürfnisse werden, desto stärker tritt
eine Trennnng zwischen Erzeugung und Verbrauch hervor, und zwar so
wohl in persönlicher wie auch in räumlicher Beziehung. Dadurch wird
allerdings die Einschaltung eines Verbindungsfaktors in das Wirtschafts
leben notwendig und diesem Umstande verdankt der Handel seinen
stärksten Entwücklungsantrieb.
Wesentlich später als dieser Prozeß, aber dafür mit desto größerer Inten
sität und Schnelligkeit hat sich in der Produktion selbst der Übergang
von der Erzeugung auf Bestellung für einen speziellen Bedarf zur Massen
produktion aul Vorrat vollzogen. Selbst Gebrauchsgegenstände, die Jahr
hunderte hindurch nach Maß mid spezieller Angabe hergestellt wurden,
wie Kleider, Schuhe und Möbel, werden heute fabriksmäßig in Massen
hergestellt, wobei den Verschiedenheiten des Bedarfs teils auf Grund
von Erfahrungen und Normen, teils aber auch nach der Einschätzung
des Erzeugers durch Verschiedenheit der Größenverhältnisse, des Mate
rials, der Qualität und der äußeren Form Rechnung getragen wird. Der
wuchtigste Faktor, der dieser Tendenz zum Siege verholten hat, liegt
in der Jatsache, daß die serienweise Massenproduktion eine beträchtliche
Verringerung der Erzcugmigskosten gestattet. Dadurch wird einerseits
eine Herabsetzung des Verkaufspreises möglich, die eine große Menge
von Gebrauchsgegenständen überhaupt erst für die breiten Massen
zugänglich gemacht hat, andererseits aber auch eine Vergrößerung der
Gewinnspanne für den Erzeuger und den Händler.
Diese Trennung zwischen dem Verbrauch und der zur Massenerzeugung
vorgeschrittenen Produktion auf dem Gebiete der Gebrauchsgegenstände
hat aber unter andern nachteiligen Folgen auch die eine gezeitigt, daß
bum und Zweck der Wirtschaft vielfach geradezu in ihr Gegenteil ver
kehrt wurden. Eigentlich ist es ja die Aufgabe der Erzeugung und des
Handels, den V'erbraucher mit jenen Gütern zu versorgen, die er benötigt
und sie ihm so zur V erfügung zu stellen, wie es für ihn nach seinen
speziellen Bedürfnissen am zweckmäßigsten ist. Gegenwärtig ist aber
umgekehrt der Konsument, der auf billige also industriell erzeugte Gegen-