Der Geist — Schicksal der Völker
Wir leben in einer außerordentlich schicksalhaften Zeit. Wie nie
vorher in der uns bewußten Geschichte der Menschheit stehen wir
in der Entscheidung. Wie nie vorher sehen wir entweder den
Sturz in einen Ahgrund, dessen Tiefe nicht zu messen ist, den
Verlust unserer Kultur und Zivilisation, der Humanität oder die
Möglichkeit einer neuen Ordnung, einer neuen Schöpfung unseres
Daseins und des Menschen in ihm überhaupt. Welchen Weg wir
nun gehen, diese Entscheidung fällt der Geist! Seinen Charakter
zu bestimmen ist eine existentielle Frage, denn nicht nur die
Kriege, sondern das gesamte Schicksal der Völker wird durch den
Geist bzw. durch die Ausdrucks- und Gestaltungsformen dieses
Geistes — durch die Ideen wesentlich beeinflußt.
Inmitten der verschiedenen geistigen Strömungen der Gegen
wart, inmitten der großen geistigen Strahlungsfelder, die den
augenblicklichen Bewegungen der Menschheit zugrunde liegen, in
mitten der Leninscheh Doktrinen, der Lehre Gandhis, der Reuais-
sancebewegung des Islams, der starken Wiedergeburt katholischen
und christlichen Geistes überhaupt, der neuen Formen evolutionä
ren Marxismus, inmitten der verschiedensten Strömungen der Gei
stigkeit in Europa vom Existentialismus bis zum Thomismus und
inmitten des Glaubens an die Ideale der Demokratie, der Humani
tät des Westens erkennen wir ein Zentrum, das Quelle eines kla
ren, völkerverbindenden Geistes ist: die UNESCO!
„Die Welt ist in Bewegung — welcher Geist wird sie prägen?“
— diese Frage und ihre Beantwortung enthält unser Schicksal!
Die UNESCO fördert das durch die geschichtliche Entwicklung
vorbedingte ergänzende Berühren der Kulturen, das durch die
großen Weisheits- und Kirchenlehren der Geschichte vorbereitet
wurde, wie die vergleichende Ecclesiologie und Sophiologie zeigt.
Ebenso erkennen wir, wie die Imperiologie lehrt, daß die poli
tischen Macht- und Ordnuugsgebilde der Geschichte gleichsam Ge
häuse der aus ihnen hervorgehenden Kulturen sind. Das Macht
streben der Geschichte, die Politik, bezweckt die jeweilige Aussage
des Geistes in Raum und Zeit, — die verschiedenen Inhalte und
Formen der verschiedenen Kulturen. In den Kulturen vollzieht
sich das Geistwerden der Macht.
Die Ideen, für die die UNESCO kämpft, sind das positive Re
sultat der bisherigen geistesgeschichtlichen Entwicklung der Mensch
heit. Sie zeigen uns den Weg, den wir, in die Entscheidung ge
stellt, zu gehen haben.
Überbrückung der Mächte des Glaubens, des Den
kens, des Blutes und des Bodens
Die Idee und die Arbeit der Vereinten Nationen, vor allem aber
der UNESCO, bewirkt nicht nur eine internationale Zusammen
arbeit. sondern sie führt auch zu einer Weltzivilisation und zu
einer Kultur, die das Ergebnis einer neuen und uoch nie dagewe
senen Synthese bisher getrennter Geistesmächte sein wird.
5