dest teilweise auch die künstlerischen Werte des Originals zu er
setzen. Aber gerade an ihnen können wir ermessen, wo die Mög
lichkeiten des modernen Farbendruckes liegen.
Natürlich, wird man einwenden, sind dies alles Kunstwerke ge
wesen, denen ein wesentlicher künstlerischer Eigenwert zukam.
Zugegeben, daß dies beim Farbendruck nicht der Fall ist. Der
Kenner aber oder derjenige, der die höheren Feinheiten eines
Kunstwerkes zu würdigen versteht, wird den Farbendruck niemals
für sich allein werten, sondern immer in Beziehung zu Originalen,
deren Kenntnis er durch ihn in mannigfacher Art zu erweitern und
zu ergänzen in der Lage ist. Derjenige aber, der diese Werte nicht
zu lesen versteht, wird sie auch beim Farbendruck so lange nicht
vermissen, bis er sie eines Tages erkannt hat. Und dann wird er
nicht mehr in die Verlegenheit kommen, den Farbendruck falsch
einzuschätzen. Bis dahin aber wird er ihm als Ersatz wertvoll sein.
Mag also auch der Farbendruck ein einseitiges Bild von der
Kunst ergeben, ich glaube nicht, daß die wesentlichen Mißverständ
nisse an der Kunst auf ihn zurückgeführt werden können. Dies
scheint mir eher durch die Verpflanzung von Kunstwerken aus
einem anderen Milieu, etwa in ein Museum oder in eine „Samm
lung“, erfolgt zu sein. Allerdings dürfte dies nicht so sehr ins
Gewicht fallen gegenüber der Tatsache, daß durch den Farben
druck beinahe jedem Menschen Kunstwerke erschlossen werden,
die sonst unzugänglich sind, weil sie sich in einem fernen Lande
oder in einer privaten Sammlung befinden.
Es ist geradezu unbegreiflich, daß die moderne Zeit sich des
Farbendruckes für wissenschaftliche Zwecke nicht bedient, wie sie
es eigentlich könnte. Wo sind die Bibliotheken oder die Museen
von Farbendrucken, die als Sammlungen der paar tausend nam
haften Reproduktionen, die bisher auf den Markt gekommen sind,
gelten könnten und ihr Material zur Ergänzung des Studiums und
der wissenschaftlichen Arbeit verwenden?
Im Gegensatz dazu spielt der Farbendruck zur künstlerischen
Erziehung von jung und alt in manchen Ländern, so etwa in den
Vereinigten Staaten, heute schon eine recht bedeutende Rolle.
Dort haben die Museen zu volksbildnerischen und erzieherischen
Zwecken immerhin recht gute Sammlungen. Und an vielen Schulen
wird man Farbendrucke in erheblicher Zahl, vor allem von Werken
moderner Künstler, finden, die die Möglichkeiten bieten, die Ju
gend mit großen Leistungen der Kunst bekannt zu machen, nicht
nur im oberflächlichen Anschauen, sondern auch in vertiefter,
durchaus ernster Betrachtung.
Dies ist auch die Absicht, die die UNESCO mit ihrer Ausstellung
bezweckt, die Verbreitung künstlerischer Werte in weiteste Kreise
und in alle Länder der Erde.
Die Farbendrucke nach alten Meistern
Selbst in einer Stadt wie Wien, die wie wenige in der Welt die
Möglichkeit bietet, in ihren Museen Meisterwerke verschiedenster
Länder, Zeiten und Schulen zu sehen, wird man gar bald des Vor-
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