„Gebilde' steht ihm höher als das .Abbild". Er heilt seine
Farben auf zu gläserner Leuchtkraft, läßt dem Zeichner in
ihm wieder freiere Hand, verzichtet weitgehend auf die Schön
heit des malerischen Handwerks und schafft eine Reihe groß
formatiger, abstrakter Kompositionen aus Farbflächen und
kühnen Liniengebilden, die aber doch niemals leeres Formen
spiel sind, denn auch sie sind gewonnen aus Anschauung und
Erleben, die freilich so weitgehend verarbeitet sind, daß der
Betrachter sie nur mehr fühlt, aber kaum benennen kann.
Auch diese Phase, so vollwertig ihre Bilder sind, ist für den
Künstlernur ein Durchgang. Sie hat ihn um einneuesVokabular
von Formen bereichert, hat ihm tiefe Einsicht in das leben
dige Gefüge seiner ,,Sprache" verschafft, aber der Fluß der
Rede war vielleicht zu frei, zu ungehemmt, war noch, um im
Bilde zu bleiben, Prosa und nicht der gehämmerte Vers, an
dem nicht ein Wort geändert oder versetjt werden kann.
Wieder greift der Maler zu dem ihm gemässen Mittel der
Reise, um seinen neuen Standpunkt zu finden,- er geht 1956
nach Deutschland und Holland, sein Hauptziel aber ist
Frankreich mit Paris. Dieses Jahr ist der Beginn einer neuen,
bisher lebten Entwicklungsstufe, die mit einer Spanienreise
1957 Bereicherung, aber keine Abänderung erfährt.
Es ist eine Stufe der Synthese, die nun erreicht ist. Kein
Bruch ist eingetreten, nichts von dem durchschrittenen Weg
war überflüssig. Die magisch erhöhte Realität der ersten
Phase tritt wieder mehr in ihre Rechte, aber das Mittel zu
ihrer V erwandlung ins Bild ist nun die Formenwelt der zweiten
Phase. Synthese ist diese Stufe aber nicht nur entwicklungs-
mässig, sondern auch insofern, als ein harmonisches Gleich
gewicht der Gegensätje erreicht ist: der Reichtum graphischer
Formen vereinigt sich mit einer wieder satter und differen
ziertergewordenen Farbigkeit, kraftvolle Dynamik mitstreng-
gefügtera Aufbau, räumliche Vielschichtigkeit mit Bewahrung
der Bildfläche, Bedeutsamkeit der Aussage mit Wohlklang
der Erscheinung. Jedes der aus großem inneren Reichtum ge
schaffenen Bilder ist nun ein .Gebilde" von stärkster Indi
vidualität, aber die errungene Sicherheit des formalen Aus
drucks ist so überzeugend, daß alle doch wieder das Ge
präge einer fest umrissenen Persönlichkeit tragen.
Robert Keil, der Wahlösterreicher, der nun seil dreißig Jahren
in Wien lebt, ist als Künstler der Öffentlichkeit unbekannt;
nur ein kleiner Kreis von Freunden kennt sein Werk. Wer