MAK
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rückschauend als auch in die Zukunft 
sehend. Es ist daher um so erstaunlicher, 
daß fast die ganze Architektenschaft, 
ohne mich dabei auszuschließen, bereit 
war, sich den krassen wirtschaftlichen 
Forderungen der Bauindustrie zu unter 
werfen. 
Die Möbelindustrie führte dagegen 
während dieser hektischen Periode im 
großen und ganzen ein Eigenleben ohne 
sonderliche Design-Impulse. Sie paßte 
sich an. Früher hatten die Verbraucher 
ihre Möbel als Kapitalanlage mit lebens 
länglicher Abschreibung betrachtet. Teu 
re, große, statusbetonte Möbel wurden 
am Anfang einer Ehe gekauft und selten 
oder nie ergänzt oder durch andere er 
setzt. Die während des Zweiten Welt 
krieges geborenen jungen Leute began 
nen dagegen, sich ihre vier Wände nach 
eigenen Vorstellungen einzurichten. Sie 
wollten sich ein flexibles Heim schaffen, 
das man je nach Familiengröße und 
Funktion ändern konnte. Das führte 
zu einem gewaltigen Aufschwung im 
Möbelhandel. Die Möbelfabrikanten 
brauchten sich nicht anzustrengen. Die 
Konjunktur im Inland war gleichblei 
bend, der Export stieg ständig. Unser 
handwerkliches Können und technischer 
Vorsprung schufen zweckmäßige Pro 
dukte von guter Qualität zu konkur 
renzfähigen Preisen. Inzwischen wurde 
jedoch der Vorsprung von anderen Län 
dern aufgeholt. Auch diese produzieren 
jetzt gleichwertige Möbel zu gleichen 
Preisen oder sogar billiger. 
Hier muß die Formgebung auf den 
Plan treten und für das Produkt einen 
Mehrwert schaffen. Doch während es 
andere schwedische Industriezweige ver 
standen haben, Produkte selbstständig 
weiterzuentwickeln, hat die schwedische 
Möbelindustrie in den letzten zehn Jah 
ren zu sehr nach den internationalen 
Trends geschielt und versucht, ihre Er 
zeugnisse dem europäischen Markt an 
zupassen. 
In unserer Gesellschaft der Massenme 
dien ist es leicht, internationale Trends 
in die gewünschte Richtung zu steuern. 
Vor allem sind es die zahlreichen Fern- 
seh-Serien, die über das Fernsehen jene 
Bilder der Geborgenheit in unser Heim 
ausstrahlen, auf die wir in unserer tech 
nokratischen und komplizierten Welt 
angeblich nicht mehr verzichten können. 
Die Möbel-, Textil- und Kunstindustrie 
macht den Trend sofort mit und schon 
läuft das Modekarussell auf vollen Tou 
ren. 
Die Folge war, daß wir unsere Eigen 
art einbüßten und in diesem Zustand der 
Verflachung versuchen, an allen Fron 
ten zu konkurrieren. Das läßt sich am 
besten an der Tatsache ablesen, daß sich 
heute der Import und Export von gleich 
artigen Möbeln die Waage hält. 
Zum Glück gibt es bei uns jedoch auch 
lobenswerte Ausnahmen, z.B. Bruno 
Mathsson, der im Alter von 70 Jahren 
nach 40jähriger Tätigkeit in der „Bran 
che“ immer noch sehr vital ist und stän 
dig neue „Klassiker“ entwirft. 
Auch Borge Lindau sowie Bo Linde- 
krantz entwickeln sich mehr und mehr 
zu vorzüglichen Möbelschöpfern. Aber 
erst das Verschmelzen von guten Form 
gebern und vorausschauenden Herstel 
lern zeitigt wirklich gute Ergebnisse. 
Deshalb ist es wichtig, nicht nur Bru 
no Mathsson zu nennen, sondern viel 
mehr Dux/Bruno Mathsson, Lamm- 
hults/Lindau und Lindekrantz, Äry/ 
Lars Fahlsten und Lars Norinder, Her 
bert Andersson/Äke Axelsson, JOC 
Möbler/Karl-Erik und Jan Ekselius, 
Klaessons/Jack Ränge, Innovator/Johan 
Huldt und Jan Dränger, Ehrlins/Hans 
Ehrlin, Sedostol/Bert Gutter, um nur 
einige Namen von internationalem Rang 
zu nennen. 
Diese Tatsachen haben sicherlich die 
Formgebung vieler auf dieser Ausstel 
lung gezeigten Möbel nachhaltig beein 
flußt und ihnen damit vielleicht eine 
Klarheit und Reinheit in Konstruktion/ 
Funktion verliehen, die auch in der 
äußeren Gestaltung und Ausformung 
der Möbel erkennbar ist. 
Durch die auf dieser Ausstellung ge 
troffene Auswahl von Möbeln versuchen 
wir aufzuzeigen, wo heute die schwedi 
sche Möbel-, Textil- und Kunstindustrie 
steht. 
Man spricht heute in Schweden da 
von, daß wir einer erneuten Einfachheit 
in der Lebensweise sowie Farbe, Form 
und Material entgegen gehen. Wenn es 
so ist, und das kürzlich vorgestellte 
Grund-Möbelprogramm von Koopera- 
tiva Förbundet KF weist ebenfalls in 
aller Deutlichkeit darauf hin, ist die Zeit 
zweifellos reif für einen neuen Frontal 
angriff der schwedischen Möbel- und 
Kunstindustrie, reif dafür, dem Begriff 
„Swedish modern“ wieder zu neuem Le 
ben zu erwecken.
	        
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