Vorwort
Das österreichische Museum für ange
wandte Kunst hat im Laufe seiner mehr
als hundertjährigen Geschichte immer
wieder Kontakte zu jenen Ländern und
Instituten hergestellt, die auf dem Ge
biete der angewandten Kunst und des
Design eine führende Position einneh
men. Vor 1900 waren es vor allem die
Erzeugnisse der Engländer, die das Mu
seum ausstellte, um dem österreichischen
Kunstgewerbe der Jahrhundertwende
Impulse für eine Erneuerung seiner Pro
duktion im Sinne der Zeit zu geben.
Nach dem zweiten Weltkrieg nahmen
diese Funktion die skandinavischen Län
der wahr, allen voran Schweden, das
sich im 20. Jahrhundert im Laufe weni
ger Jahrzehnte zu einer führenden Na
tion in allen einschlägigen Bereichen ent
wickelt hatte. Für das klein gewordene
Österreich stellt Schweden nicht nur
einen politischen, ökonomischen und so
zialen Modellfall dar, der es verdient,
nachgeahmt zu werden, sondern es wer
den vor allem die einer modernen Le
bensqualität dienenden Förderungsein
richtungen und Produktionsstätten als
vorbildlich empfunden. Das große In
teresse Schwedens an der Förderung aller
jener Produkte, die unmittelbar dem
Menschen und seiner näheren und wei
teren Umwelt dienen, war auch im ge
genwärtigen Fall die Motivation zur
Übernahme der Ausstellung „Design aus
Schweden“. Die thematische Aufglieder
ung in „wohnen — essen — spielen —
schlafen“ umfaßt ja alle jene Funktio
nen, welche die Existenz des Menschen
unmittelbar betreffen. Die Ausstellung
ist auf diese Weise nicht nur eine Schau
von industriell erzeugtem Flausgerät,
sondern greift mit deren Ausrichtung
auf die Urform der menschlichen Exi
stenz ein Thema auf, das in unserer in
dustriellen Gesellschaft von größter Be
deutung ist.
Nicht erst seit dem großen österrei
chischen Architekten und Architektur
lehrer Josef Frank, der viele Jahre für
die Einrichtungsfirma „Svenskt Tenn“
nach seiner Emigration im Jahre 1934
gearbeitet hatte, wissen wir, daß Schwe
den viel unternimmt, um alle jene Fra
gen, die eine lebenswürdige Existenz des
Menschen betreffen, einer zeitgemässen
Lösung zuzuführen. Die damit verbun
dene soziale Bezogenheit hat die Design-
Produktion aus Schweden zu einem,,po
litischen“ Faktor gemacht, der auch in
Österreich Nachahmung verdienen wür
de.
Das Museum hofft, mit dieser Aus
stellung auch alle österreichischen Stel
len zu motivieren, ähnliche Bestrebun
gen nicht nur zu diskutieren, sondern
durch Förderungsmaßnahmen wie in
Schweden zu verwirklichen. Denn nur
auf diese Weise erscheint es uns möglich,
dem fragwürdigen kommerziellen Wa
renhimmel auf Erden, den uns das Wirt
schaftswachstum auch in Österreich be
schert, und dessen Verführungskünsten
nicht zu erliegen.
w. Hofrat Prof. Dr.
Wilhelm Mrazek
Direktor des österreichischen
Museums für angewandte Kunst