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Tapeten.
Mittelalterliche
Muster.
bei weitem die zahlreichsten und im Allgemeinen auch die ge
lungensten. Während bei der Renaissance und noch mehr bei
der Grothik Stilfehler, an denen unsere Zeit so reich ist, sehr
leicht in die Augen fallen, verschwinden sie hier, wo eine ge
wisse Freiheit in der Verbindung des Verschiedenartigen gerade
das Wesen bildet. Worauf es ankommt und was zu beachten
ist, das ist ein gewisses structives Element, gute Eintheilung
und gute Verhältnisse der Glieder, feine zierliche Zeichnung
des Ornaments und endlich eine gute Harmonie der Farben,
auf welche umsomehr Nachdruck zu legen ist, als bei diesen
Möbeln verschiedenfarbige Hölzer und Metalle, Porcellan, Schild-
krot, Elfenbein und anderes zur Verwendung kommen. Ohne
mich weiter auf die Beschreibung einzelner Gegenstände ein
zulassen, will ich nur erwähnen, dass ausser den genannten
Fry und Whytlock noch Gillow, Charles Annoot und
H oward & Sons, sämmtlich von London, ausgezeichnete
Arbeiten in diesem Genre ausgestellt hatten, und ebenfalls
M ’ D o w e 11 in Dublin.
Diese Reihe von Bemerkungen, zu welcher die Möbel
Veranlassung gegeben haben, enthält im Wesentlichen schon
dasjenige, was über die Tapeten zu sagen ist. Wir bemerken
hier vor allem mit Vergnügen, dass der rohe Naturalismus, wie
er in der letzten Periode grassirte, im entschiedensten Rück
gang begriffen ist; in solcher Gestalt wagt er sich wenigstens
nicht mehr auf die Ausstellungen, mag er auch noch ein Be
dürfhiss des ordinären Geschmacks bei der grossen Menge sein.
Man sucht wenigstens im Sinne des zweiten modernisirenden
Reformweges, den ich geschildert habe, die Blumen und Blätter
regelmässig zu zeichnen und zu vertheilen, oder ihnen in jener
hellen Farbenstimmung eine feinere, zierlichere Haltung zu geben.
Alles, was nach dieser Richtung hin strebt, trägt den Charakter
grösserer Leichtigkeit und Zartheit, in Uebereinstimmung mit
dem Stil der Zeit Ludwigs XVI.
Dieser Richtung gegenüber macht sich die zweite bemerk-
lich mit einer entschiedeneren Stilisirung des Ornaments und
einer kräftigeren, energischeren Farbenstimmung. Als Vorbild
dient hier nicht sowohl die Weise der Renaissance als vielmehr
besonders die Stoffmuster des Mittelalters, welche sich eben
sowohl durch die Strenge der Stilisirung, durch die Schönheit
der Zeichnung, durch die mustergiltige Vertheilung über den
Raum, wie durch die rationelle Richtigkeit als Flächenornament
auszeichnen. Da diese Art von Musterung von der gleichzei
tigen Architekturgothik völlig unabhängig ist, viel eher mit der
maurisch-sarazenischen Ornamentik verwandtschaftliche Beruh-