Seide und Seidenwaaren.
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Seideninduftrie gibt uns jedoch Daten an die Hand, welche heller als alle Aus-
Heilungen beweifen, dafs jene Induftrie dem gefährlichen Umfchwunge wohl zu
begegnen wufste. Wir entnehmen jenem Expose folgende Ziffern des franzöfifchen
Exportes:
1855 1862 1867 1871 1872
Millionen Francs
Glatte Seidenwaaren . 142 193 294 324 308
Fagonnirte Seidenwaaren 39 3° 9 4 1%
Gemifchte Seidenwaaren 49 60 18 16 17
Bänder 117 47 61 ui 110
Gefammtexport von Seidenwaaren, Pofamenterienu. f.w. 358 363 422 497 488
Die im Lande felbft confumirte Waare wird mit einem Drittel der Gefammt-
produklion angenommen, und würde alfo letztere im Jahre 1872 bei 7°o Millionen
Francs betragen haben. Dabei ift in Betracht zu ziehen, dafs 1871 und 1872 mit
einem Dritttheile in die Kriegsperiode fallen. *)
Die Ausftellung Lyons umfafste die verfchiedenflen Stoffarten Eine der
gröfsten Vorbedingungen des Erfolges der franzöfifchen Fabrication liegt darin,
dafs fich jedes Haus eine ihm zufagende Specialität erwählt, die es ausfchliefsend
eultivirt, und in welcher es dann auch eine hohe Leiftungsfähigkeit entwickelt.
Wir finden vertreten : den fagonnirten Kleiderftoff in feiner prächtigften Entfaltung,
Gazeftoffe, Tapeten, Möbel- und Kirchenftoffe, fagonnirte Stoffe für Confektion,
fowie für Export nach beftimmten Gegenden; den glatten Stoff vom fchwerflen
Faille und Atlas bis zum leichterten Hutfutter, Sammte, Krepp, Foulard, kurz jede
Gattung Stoffe und jede, mit wenigen feltenen Ausnahmen, in muftergiltiger
Vollendung.
Lyons Indurtrie ift gröfstentheils noch Hausinduftrie, diejenigen Häufer
jedoch, welche das grofse Gefchäft in den glatten Artikeln an fich gezogen, haben
aufserhalb Lyons auch zahlreiche gefchloffene Etabliffements gegründet, welche
vielfach bemerkenswerth find durch die mit denfelben verbundenen Inftitutionen
zum Wohle der Arbeiter.
Das gefammte Gebiet der Lyoner Seidenweberei umfafst nach dem bereits
citirten Berichte die Zahl von 120.000 Stühlen.
Die franzöfifche Bandinduftrie, deren Hauptfitz St. Etienne ift, war auf
der Ausftellung nur ungenügend vertreten. Die vorhandenen Expofitionen glatter
und fagonnirter Bänder, wie die von Sammtbändern u. f. w. waren jedoch, als
erften Käufern angehörig, in ihrer Art vorzüglich.
St. Etienne ift gegenwärtig mit der Reorganifation feiner Fabriken befchäf-
tigt. In Folge des faft ausfchliefslichen Vorherrfchens des glatten Artikels vollzieht
fich hier der Uebergang von der Hausarbeit zur grofsen Fabrik mit Zuhilfenahme
des mechanifchen Betriebes, eine Umgeftaltung, auf welche der Charakter des
Mühlftuhles ohnedem, als gewiffermafsen natürlich, hinweift.
Deutfchlands Seideninduftrie zeugt von ganz bedeutendem Fortfehritte.
Diefelbe umfafst die Erzeugung von fchwarzen und färbigen Sammten, Hutplüfchen,
fchwarzen und färbigen Seidenftoffen vom Faille bis zum leichterten Futterartikel,
von Kirchfcnftoffen, fagonnirten Stoffen für den Orient u. f. w.
Crefeld, der vorzüglichfte, aber nicht ausfchliefsende Sitz der deutfehen
Seideninduftrie, machte im Jahre 1872, bei einem Stande von 3200 Stühlen, einen
Umfatz von 257 Millionen Thaler gegen 20-5 Millionen im Jahre 1870.
Die deutfehe Bandinduftrie war, wenn gerade nicht in effektvoller V eife,
doch durch Namen von beftem Klange vertreten. Sie befchäftigt fich ausfchliefsend
*) Die Production von Lyon (das heifst der Lyoner Häufer fammt ihren Dependenzen) wird
für 1872 mit 460 Millionen beziffert, worunter Foulards 50, Krepp 8, Tüll 14, Sammt 30, Atlas 25,
fchwarze Taffte und Failles 165, farbige Taffte undFailles 120, diverfe glatte Gewebe io, fapon-
nirte Kleiderftoffe 8, Kirchen- und Möbelftoffe io, gemifchte Gewebe 20 Millionen Francs.