Die Leifhingen der Statiftik.
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Tunis.
Vor dem Jahre 1864 wurde die Bevölkerung der Regentfchaft Tunis auf
1,129.550 Mahomedaner, 250.000 Katholiken, 450.000 Israeliten, 400 Griechen
und 50 Proteflanten, zufammen 1,830.000 Einwohner gefchätzt; der Verfaffer des
unten angegebenen Werkes*) glaubt jedoch, auf die ihm zugekommenen Angaben
geflützt, diefelbe blofs auf etwa 1,200.000 beziffern zu miiffen. Die Abnahme der
Bevölkerung ift theils der zahlreichen Auswanderung ganzer Stämme nach Algerien,
Tripolis, Egypten und Marokko, theils den Epidemien während der Jahre 1868 und
1869 zuzufchreiben. Als die drei wichtigften Gegenftände der Ausfuhr landwirth-
fchaftlicher Erzeugniffe werden Oel, Sparto und Wolle bezeichnet. Sparto (Haifa),
eine ohne Anbau gedeihende Pflanze, wird zu Seilen, Matten und Körben verarbeitet.
Man kannte ihren Werth früher nicht in Europa. Erft im Mai 1871 erfolgte die erfte
Sendung nach Genua und feitdem hat fleh der Export auf 300.466 Ctr. gefteigert,
u. z. 254.170 Ctr. nach England, 24.296 Ctr. nach Frankreich und 22.000 Ctr. nach
Italien. Der Werth der Ausfuhr der genannten drei Artikel während des Jahres
1871 betrug: Olivenöl 6,326.480, Sparto 2,266.408, Wolle 2,080.205 Piafter;
jener des Gefammtexportes 17,332.045 Piafter, gegenüber einer Einfuhr für
12,427.019 Piafter. Die Induftrie deckt kaum den Bedarf der vielen Zweige der-
felben im Inlande und erzeugt, mit Ausnahme etwa vonWoll- und Seidengeweben,
als Decken, Shawls, Schärpen und Feffe, faft nichts fürs Ausland. Kürzwaaren,
Papier, Mafchinen und Transportmittel, wiffenfchaftliche Inftrumente, Stein- und
Glaswaaren miiffen durchgehends aus der Fremde bezogen werden. Der Verkehr
mit dem Inlande wird mittelft Caravanen und mit dem Auslande fowie längs der
Kiifte mittelft Segel- und Dampffchiffe betrieben; feit kurzem befteht jedoch eine
von einer englifchen Gefellfchaft erbaute Tramway-Eifenbahn zwifchen
Goletta, Tunis, Bardo und Marfa. Die in neuefter Zeit errichtete Telegraphenlinie
verbindet Tunis mit Goletta, Bardo und den vorzüglichften Städten der Regentfchaft,
fowie diefe mit dem europäifchen Feftlande. Tunis hat auch eine kleine Börfe
für alle Handels- und Finanzgefchäfte, mit denen fleh faft ausfchliefslich nur Aus
länder befaffen.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Es ift zu bedauern, dafs der zur Orientirung in den fo überaus intereffanten
Gallerien der nordamerikanifchen Freiftaaten veröffentlichte Specialkatalog fleh
auf eine blofse Nomenclatur befchränkt, ohne, gleich den meiften Verzeichniffen,
von ftatiftifchen Bemerkungen begleitet zu fein. Die 26. Gruppe ift allerdings reich
an dergleichen Nachweifen, allein fie betreffen meiftens die Verhältniffe früherer
Perioden. Einer der neueften ift das umfangreiche Tabellenwerk „The statistics of
the population of the United States“, welches nach der letzten Zählung im Jahre 1870
die Bevölkerung mit Ausfchlufs der dabei aufser Acht gebliebenen indifchen
Stämme auf 38,115.641 Einwohner angibt. Die Bevölkerung hat fleh demnach während
des letzten Decenniums um 6,931.897 oder um 22 22°/ 0 vermehrt. — Bekanntlich wird
in den Vereinigten Staaten das Schulzwangs-Syftem mit weit gröfserer Strenge als
fonft irgendwo gehandhabt. Man geht dort mit Recht von dem Grundfatze aus,
dafs nur durch die Schule eine als nothwendig erachtete allgemeine Bildung der
Nation erwirkt werden könne. Diefem Streben ift es wohl auch in der That zu
verdanken, dafs die Zahl der Schulen und Zöglinge fowie der Lehrer derfelben
ein Verhältnifs zur Einwohnerzahl aufweift, wie es ficherlich in keinem anderen Lande
zu finden fein wird. Es beftanden nämlich in den Vereinigten Staaten im Jahre 1870
*) Rapport statistique — economique sur la regence de Tunis, d’apres les renseig-
nements donnes par M. J. Valensi.
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