Franz und Max Stiasny. Handfchuhe.
21
Bei den bedeutenden Fortfehritten, welche die Handfchuh-Induftrie feit
•einer Reihe von Jahren gemacht, wäre es nun wünfehenswerth und geboten, dafs
zur Hebung der hierbei fo wichtigen, jedoch flationär gebliebenen Lederfärberei
von Seite der Regierung durch Anordnung populärer Vorträge über Chemie und
durch Ertheilung von Reifeftipendien beigetragen würde.
Jede Vervollkommnung diefer für die Handfchuh-Fabrication fo wichtigen
Branche wird dem Fabrikate zu Gute kommen, feinen Ruf heben, delfen Abfatz
fördern helfen.
Wenn nun noch bemerkt wird, dafs die Handfchuh-Fabrication eine jener
wenigen Befchäftigungen bildet, welche Taufenden von Frauen Arbeit am häuslichen
Herde —- und zwar bei nur geringen Auslagen für Werkzeuge — durch Nähen,
Steppen und Tambouriren bietet, fo liegt in der Hebung diefes Gewerbes auch
die Förderung der Frauenarbeit und die des Wohles und der Sittlichkeit ganzer
auf diefen Erwerbszweig angewiesener Gegenden.
Deutfchland war auf der Weltausftellung durch viele Fabriken, darunter
auch den bedeutendften, in würdiger Weife vertreten. — Wie in Oefterreich wird
auch dort vorwiegend Lammleder verwendet. Günflige Localverhältniffe, welche
den Fabrikanten die Möglichkeit bieten, mit der Handfchuh-Fabrication auch die
Gerberei und Färberei zu vereinen, und die Einführung all’ der in diefen Fächern
vorgekommenen Neuerungen zur Vervollkommnung des Fabricates, haben die
Leder-Handfchuhe Deutfchlands zu einem fehr bedeutenden Exportartikel geftaltet.
— Es gibt im deutfehen Reiche Städte, in welchen die Handfchuh-Fabrication zu den
Haupt-Erwerbsquellen zählt; fo Altenburg (Sachfen), Halberlladt (Preufsen), Erlan
gen (Baiern), Arniladt (Thüringen), Haynau (Schlehen), Efslingen (Württemberg).
Frankreich, als Haupt-Fabricationsllätte der Ziegenleder-Handfchuhe, nimmt
bekannter Weife in diefem Artikel den erften Rang ein, fowohl durch ausgezeichnete
•Qualität feines Leders und deffen vorzügliche Gerbung und Färbung, als auch
durch die vollendete Ausführung des Fabricates felbft. Frankreichs Handfchuhe
waren auf der Wiener Weltausllellung durch fünf Fabriken gut, wenn auch nicht
zahlreich vertreten.
Die bedeutende Fabrication Englands, welche leider auf derW eltausllellung
nicht exponirt war, befchränkt hch zumeifl auf Harke Handfchuhe, die unter dem
Namen Dogskin bekannt find, und wozu gröfstentheils Schaffelle vom Cap
verwendet werden; die Leiftungen hierin find vorzüglich.
Italiens Handfchuh-Indullrie hat fich feit der Parifer Ausllellung 1867
wefentlich verbeffert und war auch in Wien gut vertreten.
Rufsland, Dänemark, Schweden, Spanien und Portugal fabriciren gute
Handfchuhe meift für den heimifchen Bedarf.
Bemerkenswerth ill, dafs Amerika zum erllen Male diefen Artikel auf einer
Weltausllellung exponirte. Diefer Indullriezweig, der dort mangelnder Arbeitskräfte
wegen in unbedeutendem r Mafse betrieben wurde, hat durch Erfindung und
Verbefferung der Nähmafchinen wefentliche Unterllützung gefunden.
Diefe Zunahme der dortigen Fabrication könnte fich dem europäifchen
Exporte dahin, und insbefondere dem von Oellerreich, in Laufe der Zeit fehr nach
theilig geftalten, wenn nicht weitere Verbefferungen und Fortfehritte hier angelli ebt
werden. Ueberblicken wir die Gefammtheit der Leiftung der Handfchuh-Fabiication
auf der Wiener Weltausllellung, fo war diefelbe durch 96 Fabrikanten vertreten,
die fich auf die einzelnen Länder in folgender Anzahl vertheilen:
Oellerreich 29, Ungarn 4, Rufsland 3, Amerika 1, Frankreich 5, Belgien 1,
Deutfchland 39, Portugal 2, Italien 7, Schweden 1, Dänemark 4.