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Carl Warhanek.
eine Collection, wie man fie fchwerlich bei einer früheren Ausftellung reichhal
tiger und überfichtlicher geordnet angetroffen hat, defshalb mag es wohl
geftattet fein, bei der Berichterftattung etwas weiter auszuholen und dem Leser
das ganze Gebiet etwas näher zu bringen. Wir betonen diefsmal nur die wirt
schaftliche Seite der Conferveninduftrie, weil diefelbe heute, nachdem die Chemie
und naturwiffenschaftliche Seite der Conserven längft und vielfach erörtert wor
den ift, die weitaus wichtigere fcheint. Nur noch eine ganz allgemeine Bemer
kung wollen wir machen, ehe wir die einzelnen Conferven felbft und dann die
Ausftellung betrachten.
Im Allgemeinen, gilt für die Confervenindustne noch der Satz, dals die
Zubereitung von Conferven mit beifpiellofer Reinlichkeit gefchehen mufs; jeder
nicht dazu gehörige Beftandtheil, oder eine unfaubere Manipulation während der
Zubereitung verurfacht fpäter die Gährung in den Dofen und zerftört das
Produdt. .
Was die Auswahl von Nahrungsmitteln anbelangt, die hiezu verwendet
werden fo kann man ficher fein, dafs das Bede und Frifchefte ausgefucht wird
und darum kann fich auch der Confument mit aller Zuverficht und Luft den
Genufs gönnen, da bei der Confervenbereitung allen Anfprüchen einer gefunden,
reinlichen Zubereitung auf das ftrengfte entfprochen wird.
Das Fleifch und die Fleischfabricate.
Die Fleifchconferven waren in der verfchiedenften Art fchon früherer
Zeit bekannt und find ohne Zweifel die älteften. In unferer Zeit haben den mei
den Erfolg und die gröfste Verbreitung die amerikanifchen und auftralifchen
Confervefabriken erreicht.
Beifpielsweife fchlachtet die Company Liebig in Fray Bentos täglich
500 Stück Vieh zur Fleifchextracft-Fabrication, wovon täglich 1000 Kilogramm
Extradl bereitet werden.
Den aus London entnommenen Handelsberichten von Dr. Tallermann,
Importeur dafelbft, ift zu entnehmen, dafs 1872 aus den Colonien, Viaoria, Neu-
Südwales, Neu-Seeland, Queensland und Süd-Auftralien 321.99t Kiften Fleifch
imWerthe von 890.700 Pfd. Sterling nach London eingeführt wurden. Der Bericht
bedauert, dafs in England die vorzügliche Qualität auftralifcher Fleischforten,
als Ochfen-, Hammel-, Kalbfleifch, geräucherte Zungen, Kalbsfchinken u. f. w.,
noch nicht die rechte Würdigung gefunden hat; und doch ftellt fich das Fleifch
frei von allen Knochen trotz der theueren Blechumhüllung und Fracht um I % bis.
2 Francs billiger als das frifche.
Zum Verbrauche für Amerika, gröfstentheils für die ärmere Bevölkerung
und hauptfächlich für Neger, erfcheint eine Sorte gefalzenes Kuhfleifch aus
Uruguay ftammend, welches an der Luft getrocknet ohne jede weitere Behand
lung auf Jahre hinaus haltbar ift. . .
Auch vonBorftenvieh wird fehr viel exportirt. DiePock-PakersAffociation
in Cincinnati fchlachtet jährlich drei Millionen Schweine, wovon die Schinken
ausgelöft und geräuchert, die übrigen Theile gefalzen und in Fäffer gepackt bis
nach Deutfchland verfendet werden.
Die Fleifchconfervirung hat heute fchon als Folge der maffenhaften Pro-
dudtion von Hornvieh in Südamerika und Auftralien, wofelbft der geringen
Bevölkerung wegen der Verbrauch ganz undenkbar ift, eine aufserordentliche
Ausdehnung erhalten; doch fo fehr unter allen Methoden die Appert’fche die
hefte ift, weil fie dem Fleifche den meiften Nahrungswerth und den natürlichften
Gefchmäck erhält, ganz zum Gegenfatze aller übrigen, bis jetzt angewendeten
Syfteme, fo verurfacht bei einem Artikel wie gewöhnliches Rindfleifch, was unter
jeder Bedingung billig fein mufs, die Umhüllung mit Blech zu viele Koften und