Die Thonwaaren-Induftrie.
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Was in Oefterreichs Abtheilung hie und da an Terracotta-Waare ausgeftellt
war, erhob fich kaum über das Mafs des Allergewöhnlichflen; es waren diefs
Erzeugniffe, die für die Entwicklung unferer Architektur ohne Bedeutung find und
nur locale Verwendung finden können. Gewöhnlich find die Formen ftumpf und
ohne Verfländnifs modellirt, wie beifpielsweife der vom Fürflen Schwarzen
berg gebrachte Terracotta-Brunnen.
Unterden ungarifchen Ausftellern hatte W. Zfolnay inFünfkirchen einige
gelungene Stücke gebracht, doch hat auch diefe Fabrication, welche neben jener
des Steingutes betrieben wird, keine Ausdehnung noch gewonnen*
Gute Ziegelerzeugniffe trafen wir aus allen Theilen der Monarchie, freilich
oft fichtlich als Ausftellungsobjedl gearbeitet.
Der Mangel an brauchbaren Verblendfleinen ifl jedoch ein allgemeiner,
nirgends aufser in Wien felbfl werden diefe erzeugt, trotzdem dafs an manchen
anderen Orten ein herrliches Rohmateriale zu Gebote flünde.
Unter den ausgeflellten Dachziegeln fanden fich mehrere mit Mafchinen
erzeugte, dann aber zumeift auf der Handdrainröhren-Preffe hergeflellte. Namentlich
Ungarn ifl ein Abfatzgebiet für folche wellenförmige Dachziegel, die fich in den
deutfch-öflerreichifchen Ländern keinen Eingang verfchaffen können. Urfprünglich
eineForm, die den Niederlanden entflammte, ifl fie geeignet, ein flaches, leichtes
Dach zu geben und leitet das niederftrömende Regenwaffer fehr gut ab. Gegenüber
den hierzulande gebrauchten „Biberfchwänzen u haben diefe Ziegel auch noch den
Vortheil, dafs fie durch Sturmwinde nicht leicht aufgehoben und zerbrochen werden
können. Von den übrigen, oft etwas bizarren Formen unter den Dachplatten hat
uns keine als befonders praktifch gefallen können.
Auch dem fogenannten Kettenziegel von Freund und einer ähnlichen Idee
eines zweiten Ausflellers, die Backfteine zu dübbeln oder durch fchwalbenfchweif-
förmige Einfatzflücke zu verbinden, können wir keine praktifche Verwendbarkeit
zufprechen. Alles fchon dagewefen! Sehr feltene Fälle ausgenommen, wird ein
damit hergeflelltes Mauerwerk zu koflfpielig, da die Fabrication paffend in ein
ander gefugter Ziegel im Grofsen ftets fchwer überwindbare Hinderniffe in der
Schwindung des Thones findet.
Die Fabrication von Drainageröhren hat, nachdem die Landwirthfchaft
nicht mehr ihr einziges Heil in einer Drainage aller Böden fucht, nicht nur in
Oeflerreich, fondern allenthalben vielfach fich vermindert.
England, deffen Terracotta-und Ziegelinduftrie eine fo bedeutende Aus
dehnung und in mancher Richtung auch Vollendung erreicht hat, blieb uns die
Nachweife über die in letzter Zeit gemachten, nicht unwefentlichen Fortfehritte,
diefsmal fo gut wie fchuldig.
Das Wenige, was D ulton and W atts inLambeth an Terracotten ausflellte,
reicht nicht an feine Leiftungen, die er beifpielsweife mit der Amazonenvafe in Lon
don 1871 aufwies. Das, was er brachte, ifl übrigens aus guter, fehr harter, wetter-
befländiger Maffe, nur etwas flumpf ausgeformt, dagegen von einer nicht unangenehm
gelblichen Farbe. Hinfichtlich der Modellirung ftanden feine, wie alle englifchen
Erzeugniffe diefer Art, weit hinter den deutfehen und öfterreichifchen zurück.
G. Jennings & Comp, in Lambeth, die bekannte Firma für fanitäre
Waare, flellte neben ihrem Steingut gleichfalls einige Stücke Terracotta, meifl
architektonifche Gliederungen, Capitäle und Aehnliches aus. Maffe und deren
Behandlung war die gleiche, wie die eben vorhin befprochene.
H; D ulton & Company inLambeth, die Schweflerfirma der erflen, brachte
eine intereffante Colledlion der fogenannten blue metallic bricks oder Eifenziegel,
ein äufserfl dichtes Materiale, das dem der Münchner Pflaflerplatten an die Seite
zu Hellen ifl. Der rothe, flark eifenfehüffige Abraumthon der Staffordfhire-Gruben
fintert durch geeignetes fcharfes Brennen in der Reduclionsflamme des 1 erracotta-
Ofens zu einer feilen, klinkerartigen Maffe, deren Oberfläche das entflandene Eifen-