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Volltext: Die Thonwaaren-Industrie (Gruppe IX, Section 2), offficieller Ausstellungs-Bericht

Die Thonwaaren-Induftrie. 
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Richtung. Paliffy verlieht feine Gefäfse mit plaftifchem, meift dem Thier- und 
Pflanzenreiche direcft entnommenem Schmuck, erfindet eine ziemlich reiche Scale 
(meift gebrochenen) Schmelzfarben und bemalt nun in völlig naturaliftifcher 
von Weife feine Formen. 
Seine Glafur ift nicht haarriffefrei, aber von grofsem Luftre. 
Die Mode verfchlang bald ungemeine Quantitäten folcher Erzeugnifle. Die 
Familie Paliffy’s arbeitete in gleicher Richtung fort, ihr folgten andere Künfller, 
die hinter das Geheimnifs der Technik gelangt waren. 
Nach und nach bürgert fleh hier wie in Deutfchland das Steingut ein mit 
feiner dichteren, nahezu gefilterten Thonmaffe, welche die Formen der Majolica 
nicht feiten imitirt. Mit der Vervollkommnung der künftlerifchen Ausftattung des 
Gefäfses zwang die Nothwendigkeit auf eine Verbefferung der Grundmafle zu 
denken, an die ja immer gröfsere Anforderungen geflellt werden. Die Thone 
werden forgfältiger gewählt, man weifs folche von rein weifser Farbe zu finden 
und behandelt fie mit Gefchick und Fleifs. 
Kaum ift daher in der fpäteren Zeit die Fayence von demSteingut-Gefchirre, 
wenigftens hinfichtlich der Formenbehandlung, zu trennen. 
Ein eigentümliches Gefchirr erzeugten die Niederlande, Holland und fpäter 
England. Es ift diefs die gefchätzte Delftwaare, nach deren Mufter noch heut 
zutage, namentlich in England, gearbeitet wird. Das rohe, noch ungebrannte 
Gefäfs erhält einen Ueberzug von anfänglich nur weifsem, fpäter und jetzt auch 
farbigem, in Maffe zu Brei aufgerührtem Thon (Engobe). Diefe letzte Schichte 
wurde erft bemalt und anfänglich meift mit blauen Ornamenten in ziemlich charak- 
teriftifcher Weife. Geoffroy & Comp, in Gien brachten Imitationen folcher Delft 
waare unter Anderem zur Ausftellung. 
Delft und deffen Umgebung war der Sitz diefer Fayence Induftrie, die fich 
nicht auf Gefäfse befchränkte, fondern in Fliefen, Wandbekleidungs-Platten u. f. w. 
noch manches Gute leiftete. Die moderne Delfter Thonwaaren-Induftrie fteht der 
alten entfchieden nach, aber immer ift diefer Diftridt noch das Centrum der 
bekannten und ausgedehnten Fabrication der holländifchen Tegeltjes oder Wand 
verkleidungs-Platten. 
Heute leiften die englifchen Fabriken in ordinär glafirter Thonwaare, 
Steingut - Fabrication und Majolicatechnik wohl anerkannt das Vorzüglichfte. 
Einige Fabriken am Rhein, in Luxemburg und Frankreich flehen ihnen am 
nächften. 
Das ganz befonders vorzügliche Materiale, welches England in dem „Poole 
clay“ und denThonen aus den Graffchaften Staffordfhire, Cornwall und Devon vor 
findet und das nur mit wenigem Verfatz von Cornifh-Stone, einem feldfpathhaltigen 
Geftein, die prächtigfte Grundmafle liefert, gab zur Gründung feiner ausgedehnten 
und weltberühmten Thonwaaren-Induftrie den Anftofs. 
Eigentlich waren auf der diefsjährigen Ausftellung nur die Etabliffe- 
ments von Staffordfhire vertreten, dem allerdings bedeutendften Thonwaaren- 
Fabriksdiftridte Englands. 
Merkwürdig, wie fich diefe Induftrie gerade an einem folchen Orte, dem 
eigentlich die Hauptbedingung und Eignung hiefür fehlt, nämlich jener reine 
weifse Thon, der aus den füdlichen Graffchaften faft durchwegs mit grofsen 
Unkoften befchafft werden mufs, und der die Grundmafle alles englifchen Porzel 
lans und aller Fayence bildet, in einer fo ganz enormen und relativ rafchen Weife, 
entwickeln konnte. Denn, fo angenehm für die Fabrication die billige Stafford 
fhire Kohle ift, fo wenig günftig für die Erzeugung gerade der gewöhnlichften 
Waaren aus jener Gegend ift der über den Steinkohlen-Flötzen fich vorfindende 
ftark gefärbte Thon. 
Alle Etabliffements haben dort eine bedeutende Ausdehnung und arbeiten 
für den allgemeinen Bedarf Englands und der Colonien, alle faft mit für den 
Export. Trotz der, für unfere gewifs nicht verwöhnten Begriffe, enormen Preife.
	        
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