Die Thonwaaren-Induftrie.
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Im grofsen Ganzen gewährte die Ofenfabrication Deutfchlands ein lehr
befriedigendes Bild und die Beruhigung, dafs ernftlich Gutes angeftrebt wird.
Dabei freilich mufs nie vergeffen werden, die künftlerifche Auffaffung zu beffern,
und darf die fchöne Form nicht über der Technik vernachläffigt fein. Sehr lobens-
werth war fall durchgängig die Arbeit des Setzens ausgeführt, ein heikles und
gefchulte Arbeitskräfte vorausfetzendes Gefchäft. Was endlich gleichfalls die
deutfchen Oefen vornehmlich von jenen Oefterreichs auszeichnet, das ift deren
gut gearbeiteter Feuerungsapparat, die gut fchliefsbaren, foliden, meift gufseifernen
Thüren, Röfte u. f. w., welche- mit unteren elenden und leicht verbrennbaren
Meffmg-Ofenthürchen gar nicht an Schönheit und Dauerhaftigkeit in Vergleich zu
ziehen find.
So fahen wir beifpielsweife Oefen und Ofenbeftandtheile von dem königlich
württemberg’fchen Hüttenwerke Wafferalfingen, der Graf Stollberg-
Werniger o d’fchen Fadtorei zu Ilfenburg, der Königshtitte zu Lauterberg
am Harz und manchen anderen renommirten Eifenwerken nach guten Modellen
in höchft präcifer Weife und zu billigen Preifen ausgeftellt.
Die deutfche Fayence-Induflrie hatte fich durch mehrere, und zwar der
bedeutendften Fabrikanten vertreten laffen, ohne wirklich Hervorragendes
gebracht zu haben. Die Billigkeit der Waare ift allerdings erftaunlich, die Ein
führung des Druckverfahrens als Decorationsmittel hat den Schmuck, felbft der
ordinären Waaren, wefentlich reicher gemacht, ift aber zu einer gefährlichen
Waffe gegen den guten Gefchmack in den Händen des Fabrikanten geworden.
Villeroy & Boch in Dresden und Mettlach lieferten hierin noch
dasBefte; die Fayencemaffe ift gut, die Formen beffer als bei Anderen und
namentlich das lithographifche Druckverfahren, welches das Aufdrücken matter
Flächen fo leicht zuläfst, wird in ausgedehntefter Weife und doch meift mafsvoll
verwendet. Eine Neuigkeit ift Boch’s antike Bronce, die er auf der Steingut-Maffe
einbrennt, und mit welcher recht fchöne Erfolge zu erzielen find.
Auch in weichem englifchen Porzellan arbeitet, wenn auch nur nebenher,
diefe in der vielfeitigften Richtung thätige Firma.
Villeroy & Boch find derzeit entfchieden die gröfsten Thonwaaren-
Producenten Deutfchlands. Der jährliche Werth ihrer Erzeugniffe beläuft fich in
den vereinigten Fabriken zu Wallerfangen, Mettlach, Septfontaine und Dresden
auf beinahe 2V4 Millionen Gulden jährlich. Hauptfächlich find es Steingut-Service
uncUdie berühmten Mettlacher Platten, in denen der Schwerpunkt des Gefchäftes
liegt. Wir hatten eben bereits Gelegenheit, die Dresdener Ofenfabricate diefer
Firma anerkennend zu erwähnen und müffen bei der Befprechung der Platten und
Steinzeug-Induftrie nochmals auf deren hervorragende Leiftungen zurückkommen.
Vollkommene mechanifche Einrichtungen, vorzüglich gefchultes Arbeiter-
perforiale und eine tüchtige Leitung find diefem ausgedehnten Gefchäfte eigen,
deffen Kundenkreis fich nicht auf Deutfchland allein befchränkt. Im Gegentheile,
Boch’s Fabricate find im Auslande vielfach beliebt und bekannt. Die ausnehmend
guten Leiftungen diefer Firma wurden auch durch Zuerkennung eines Ehren
diploms gewürdigt.
F. A. Mehlem in Bonn brachte feine bekannten, viel verbreiteten Wafch-
garnituren und Blumentöpfe, Beides mitunter herzlich gefchmacklos, zumeift auf
chromolithographifchem Wege decorirt. Zwei grofse, weifse Vafen gehörten zu den
fchönften Ausführungen der Fabrik. Fall wäre man, wie bei manchem anderen
Fabrikanten, verficht zu glauben, fowie bei gewiflen Büchern fei auch hier das
Weifse das Berte.
Vorftehender Tadel der künftlerifchen Seite der Erzeugniffe diefer
bekannten Firma trifft mehr oder minder alle deutfchen Ausfteller von Fayencen.
Selten nur hatte man das Glück, auf eine auch nur annähernd ftilgerechte Decoration
zu ftofsen. Meift herrfcht fovvohl in der Gefäfsform als namentlich in der farbigen
Decoration ein ganz wüftes Durcheinander vor, dem die Leitung durch Künftler-