Die Thonwaaren-rnduflrie.
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reitzvollflen Studienmateriales, das wir hier nur flüchtig betonen und leider nicht
eingehender würdigen können. Welche Variationen in der Technik, welche
Durchbildung der Formen !
Doch beginnen wir mit dem Plervorragendften :
Mint o ns in Stocke upon Trent (Staffordfhire) haben diefsmal mehr und
Hervorragenderes ausgeftellt als je. In vieler Hinficht ift ihr Wiener Debüt ein
glänzendes geworden. Diefs gilt vor Allem hinfichtlich ihrer Fayencetechnik, in
der fie unerreicht daftehen.
Mintons haben durchaus keine fogenannte currente Waare gebracht, ja fie
erzeugen eine folche eigentlich gar nicht. Stets geht ihr Streben dahin, die
künftlerifche Decoration in den Vordergrund zu ftellen und jedem Stück ihrer
Fabrication den Stempel der Individualität aufzudrücken. Die Mannigfaltigkeit
ihrer Technik, das Complicirte mancher Verfahrungsweifen erfchwert zudem in
unglaublicher Weife die getreue Wiederholung einer und derfelben Waare. Wie
rafch geht, wenigftens auf einige Zeit, nicht ein oder da:- andere Verfahren
verloren.
So konnte beifpielsweife gerade während der Weltausftellung keine
Beftellung auf die fo fehr gefchätzte neue Plumcoloured-Waare aufgenommen werden,
da die Fabrik momentan aufser Stande war, ähnliche Nuancen wie die ausgeflellten
nochmals zu erzeugen. Die Proceffe und chemifchen Vorgänge in der keramifchen
Induftrie find eben höchft fubtile, von taufendfältigen Zufälligkeiten beeinflufste
Vorgänge, die fich in ihrer Wefenheit oft noch völlig einer fcharfen Controle
durch die Theorie entziehen.
Faft reizvoller, jedenfalls aber auch vom commerciellen Standpunkte bedeu
tender als die Porzellanausftellung war jene von Minton’s Fayencen und Majoliken
mit all’ ihren weit veräfteten Genres, welche mehr oder minder vollkommen von
dem Etabliffement geübt und verflicht werden.
Der Körper der Minton’fchen Waare ifl entweder weifs. vielfach fchwach
gelblich gefärbt, oder, wie diefs bei vielen feiner Waaren der Fall, verwendet er
durch die Maffe gefärbte Thone, mit denen er die fchönflen Erfolge durch Com-
bination erreicht. Wir erinnern an einige Stücke auf dunkel Siena bis chokolade-
braunem, fehr dichtem Körper, fo an die trefflichen Teller von Moufille’s Hand mit
prächtig naturaliftifchen Blumen- und Vogelgruppen in brillanten, neuen Deck
farben keck fkizzirt und flüchtig, aber mit grofsem Effedle ausgeführt. Weniger gut
gelungen find ihm die gröfseren, flach gehaltenen, langgeftreckten Gefäfse, die mit
allzu grofsem Blattwerk in höchft unüberfichtlicher Weife geziert find. Alle diefe
Malereien find unter einer äufserft glänzenden Glafur aufgetragen, welche das
Feuer derfelben ganz wefentlich erhöht. Schöne und bedeutend grofse Stücke
find zwei modellirte Vafen, weifs, grau und gold decorirt von befter Wirkung.
Ausgezeichnet und in technifcher Hinficht befonders bemerkenswert!! fanden wir
zwei Blumentöpfe in derfelben braunen Maffe mit griechifchem Palmettenorna
ment geziert, das mittelft ejnes durchaus neuen Umdruckproceffes decorirt wurde.
In diefem Falle werden Stahlplatten gravirt und dienen zum Druck. Nur mit
diefem Verfahren ift der gleichförmige und fatte Farbenauftrag möglich, der diefe
Stücke charakterifirt. Die Details diefes Verfahrens, mit dem Minton diefsmal
zuerft hervortrat, find noch Fabriksgeheimnifs. Im Uebrigen wendet Minton das
in England übliche Umdruckverfahren von der Kupferplatte oder dem Stein recht
häufig an.
Was Minton’s Ausftellung vor allen anderen anszeichnete und neben der
ganz vorzüglichen Modellirung faft aller feiner Erzeugniffe diefen den höchften
Reiz verlieh, das war die Pracht und Fülle feiner Farbenpalette, die er uns auf
jeder Ausftellung reicher und vollkommener vorführt. Es bedarf eines eingehen
den Studiums, die einzelnen Farbentypen, mit denen Minton vorzugsweife und
zum Theile ganz allein arbeitet, genau kennen und würdigen zu lernen. Greifen
wir darunter einige der auffallendeften heraus und übergehen wir dabei die vielen