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Dr. Emil Teirich.
Varianten der gewöhnlichen Farbenfcala, welche fich mehr oder minder bei allen
englifchen Fabrikanten fall als typifch herausgebildet hat.
Hiei fallen vor Allem die perfifchblauen Gefäfse auf, mit denen Minton im
Jahre 1871 gewiffermafsen zum erften Male den Markt betrat, obgleich zur felben
Zeit auch andere englifche und franzöfifche Fabrikanten einem Verfahren nach-
ftrebten, das fchon lange vorher eifrig gefucht und nicht gut gefunden wurde.
Schon feit dem Alterthume ift Perlien der Sitz einer eigentümlichen
keramifchen Induftrie, welche fchon im Mittelalter für den Export arbeitete und
ein Hauptlager ihrer Erzeugniffe auf der griechifchen Infel Rhodus hielt. Von
hier aus gelangten die, meift auf einem eigenthümlich blauen Grund mit bunten
Blumen reizend und flilvoll gezierten Gefchirre in den abendländifchen Handel.
Die Imitation folcher Waaren, angeregt durch die hohen Preife, welche Liebhaber
dafür zu bewilligen geneigt waren, gelang anfänglich gar nicht und fcheiterte
vorzüglich an der Zufammenfetzung der Grundmaffe, welche in einem eigenthüm-
l'.ch fandigen und etwas poröfen Thon befleht.
Vornehmlich waren es die Franzofen, welche dem Perfifchblau am die
Fährte gelangten. Adalbert v. Beaumont und Colinot, fowie Gebrüder Deck
in Paris arbeiteten mit Erfolg darin, und endlich kam das Geheimnifs nach
England, wo es in wenigen Fabriken gekannt und als folches noch bewahrt wird.
Minton hat heute in England das Perfifchblau in Mode gebracht und ganz vorzüg
lich reine Fabricate erzielt. Auf einer ganzen Reihe von Gefäfsen aller Art
finden wir diefe fchöne Farbe angewendet und es ift nur zu bedauern, dafs es
noch nicht gelungen, derfelben, welche auf dem eigens combinirten Thone fehr
leicht flüffig und ziemlich dick aufgetragen wird, die üble Eigenfchaft desAbfprin-
gens zu benehmen, an der zum grofsen Verdrillte der Fabrikanten auch die beiden
zunächft zu nennenden Glafuren leiden. Minton’s arbeiten, wie wir hören eben
jetzt an Befeitigung diefes Uebelftandes.
Von großem Feuer waren die Proben einer gelben Glafurfarbe (Imperial
chinefe yellow), welche vom Citronengelb durchs Goldige und in die Orangefarbe
fpielt und meift an glatten Gefäfsformen, oft zeifiggrün geftreift, verwendet wird.
So decorirte Gefäfse, deren Reiz eben nur in der befonderen Pracht der Farbe
liegt, gleichen nicht feiten gewiffen Kürbisarten, die wir ab und zu als Zier vor
den Fenftern unferer Landbewohner finden.
Von hohem Intereffe waren für den Coloriften die Gefäfse mit einem
dunkeln Purpurblau überzogen, das einen kupferfarbigen Schein und fchwierige
Zeichnung trägt. Es ift diefs das fchon Eingangs erwähnte Pflaumenblau (Plum
colour), die dritte Novität Minton’s. Die fo glafirten Gefäfse haben einen ganz
eigenthümhchen Charakter des Unvollkommenen, Unfertigen, den einer, wir
möchten fagen, naiven Technik, fie bezaubern aber durch das prächtige und faft
räthfelhafte ihres farbigen Ueberzuges. Mehrere, meift kleinere Vafen diefer Art
und fonftige Gegenftände finden fleh unter der Ausfüllung Mintons und fonft wohl
nirgends, fie erinnern lebhaft an manche, jedoch feltene Sövresftücke aus
alter Zeit. ♦
Noch können wir es uns nicht vertagen, auf das prächtige, fchon abge-
ftimmte Maulbeerroth (mulberry purple), das Mazarinblau, das fogenannte Bleu de
roi, und Cantonblau aufmerkfam zu mache«, welche neben den mehr gebrochenen
Farbentönen, dem Dovegrau, Unic violett, Pompadourroth, Pinc colour, Seladon-
griin, Perfifch türkis, Mayolicatürkis und wie fie alle heifsen mögen, theils als
alt eingebürgerte Nuancen, theils als Modefarben Anwendung finden.
Eine Reihe vorzüglicher Ausführungen fielen unter der Ausftellung Minton’s
fofort auf, fo zwei grofse Gartenvafen mit Widderköpfen, mit waffel-grünem
und blauem Grunde, zwei braune Vafen mit Weifs, Grau und Gold decorirt,
dann jene Vafen von Störchen getragen und mit trefflich modellirten Putten
geftalten geziert. Viele Gartenftühle und dergl. wären hier noch zu nennen und
hervorzuheben.