Der Unterricht in der Gefchichte.
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dem geforderten Ideale. Es liegt ein an 200 Seiten ftarkes Heft vor uns, das
meiftentheils Titel von Büchern in ungarifcher, flovakifcher, wendifcher, rumä-
nifcher, ferbifcher und gelegentlich deutfcher Sprache enthält, — aber’welche
Benützung diefe Bücher finden, ift nicht erfichtlich.
In der V o lksfchule, zu der wir auch die Bürgerfchule oder höhere
Volksfeinde einrechnen, die bekanntlich in Ungarn weder vor noch nach 1867
befonders blühte, ift, wie aus den ausgeftellten Werken erhellt, nicht blofs die
ungarifche, fonclern auch allgemeine Gefchichte eingeführt. Vorherrfchend
foll aber u n g a r i f c h e Gefchichte gelehrt werden und wir muffen erftaunen über die
Fülle von Werken, die in diefer Richtung in der letzten Zeit publicirt wurden.
Es lohnt wohl nicht der Mühe, alle die einzelnen Büchertitel anzuführen. Nur fei
bemerkt, dafs es befondere Lehrbücher für ifra.elitifche (von Ballagi) und
katholifche (von Hufsär) Volksfeinden gibt und dafs auch die Methode ver-
fchieden ift. In den meiften Fällen wird die Gefchichte im Zufammenhange erzählt,
doch finden fielt daneben zeittafelartige Ueberfichten (fo z. B. von Fuchs Haupt-
züge der Gefchichte Ungarns, Borofz’ ungarifche Chronik in Annalenvortra«-P 1)
und Gefchichtsbilder (fo z. B. S ch wi c k e r’s Bilder aus der Gefchichte Ungarns,
Tanczos’ Bilder aus der vaterländifchen Gefchichte, Bäräny’s Gefchichte
Ungarns in Erzählungen, Hohenauer’s Halle der ungarifchen Könige und
Helden). Auch die auf das mechanifche Einlernen ausgehende Methode, den Lehr
' ftoffin Antworten zu gliedern, die auf beftimmte Fragen zu geben find, ift vertreten
(fo von Fifcher und Hufsär). Neben ungarifcher Gefchichte find auch Lein
bücher über die Gefchichte Siebenbürgens (von Matufik und Györke) aus-
geftellt. Dafs in den Volksfeinden gelegentlich (wahrfcheinlich in den höheren
Volksfeinden) auch allgemeine Gefchichte im Anfchluffe an ungarifche
Gefchichte gelehrt wird, zeigen das Lehrbuch von Seidel: Gefchichte der Ungarn
mit den Hauptmomenten der Weltgefchichte; Viener’s Gefchichtsbilder für
ungarifche Volksfeinden; Kuttner’s elfter Unterricht und Leitfaden zur Welt
gefchichte ; M i 1 e f z allgemeine Weltgefchichte. Hervorzuheben ift die Ueberfetzung
des gerade nicht rühmlich bekannten Katechismus der Weltgefchichte von
Netoliczka und die eigenthümliche Verquickung von Gefchichte, Mythologie
und ungarifcher Literatur in Kuttner’s: Lehrbuch der Weltgefchichte; von
Naturwiffenfchaft, Gefchichte, Gewerbs- und Wirthfchaftskunde bei Ma’rki-
Zimmermann (III. Theil) und Seidel 1 LehrbuchfürSchüler der Wiederholungs-
fchulen). An den Gefchichtsunterricht fchliefst fich in der Volksfeinde auch eine
Unterweifung in der Verfaffung Ungarns und in den bärgerlichen
Rechten und Pflichten feiner Bürger an.Auch hiefür exiftiren zahlreiche
Lehrbücher (von Bekefi, Gajdos, Gyürky, Környei und Andere.)
So zahlreich die Lehrbücher für Gefchichte in den Volksfeinden find, fo
fpärlich find die für Lehramts-Candidaten beftimmten. Neben zahlreichen
Leitfäden für den Unterricht im Lefen, Rechnen und dergl. findet fich blofs
ein einziger zum Unterricht der allgemeinen und vaterländifchen
Gefchichte von Orb an. Diefer Gegenfatz follte die ungarifche Regierung
darauf führen, was Noth thut.
Die Mi tt e lfch u 1 e n Ungarns find in der Reorganifation begriffen. Die
Gefchichte foll in drei Stufen gelehrt werden, in der dritten und vierten Claffe
des Gymnafiums (Untergymnafium) nach Vorausfchickung der Hauptmomente der
allgemeinen Gefchichte vor den Zeiten der Magyaren magyarifche Gefchichte
in der fünften und fechsten Claffe (Obergymnafium) allgemeine Gefchichte (Alter
thum, Mittelalter und Neuzeit), in der fiebenten und achten Claffe (Lyceum)
Univerfalgefchichte bis auf die Gegenwart, an die fich in der neunten Claffe
pragmatifche Gefchichte Ungarns anzufchliefsen hat. Uebrigens follen diejenigen,
die fich der Rechtswiffenfchaft widmen, in der fiebenten Claffe ausführlich in der
römifchen Gefchichte und in der achten Claffe in der Kirchengefchichte unter
richtet werden. Nicht gering ift die Zahl der L eh rb iic h e r auf diefem Gebiete.