Das Hüttenwefen.
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Bezüglich der Vorbereitung der Eifenerze finden wir in Kladno in Böhmen
Verfuche behufs Entphosphorung derfelben im grofsartigen Mafsftabe durch
geführt, welche für die dortigen Veshältniffe ziemlich zufriedenftellende Refultate
gegeben haben follen. Wenn die Refultate auch noch nicht als vollkommen ent-
fprechend angefehen werden können , fo kann man doch immerhin fagen . dafs in
der für viele Eifendiftrikte äufserft wichtigen Frage ein Schritt vorwärts gemacht
worden ift. ,
Nicht ganz zu unterfchätzen find auch die Verfuche, junge nicht backende
Braunkohlen zu vercoaken oder richtiger zu verkohlen. Wenn wir auch an
mehreren Orten weitgehenden Verfuchen in diefer Richtung begegnen, von
mehreren Ausftellern fogar Produdle gebracht wurden, fo ift doch die Qualität
derfelben noch nicht entfprechend und die Rentabilität der bis jetzt meift ein-
gefchlagenen Wege noch fehr fraglich.
Bezüglich der Durchführung des Hochofen-Proceffes finden wir
wenig ganz Neues, wohl aber wefentliche Verbefferungen und Erweiterungen des
Betriebes; diefelben beftehen der Hauptfache nach in einer Vergröfserung der
Produclion, welche durch eine bedeutende Volumsvermehrung der Hochofen
angeftrebt wird. Um diefe zu erreichen, hat man in letzterer Zeit die Dimenfionen
in der Weite der Oefen mehr vergröfsert als die Höhe, und dabei oft wefentlich
beffere Refultate erzielt. Die früher nur in England an einzelnen Orten forcirte
Produktion von iöoo bis 1700 Centern per Ofen und 24 Stunden finden wir nun
fchon an mehreren Orten Deutfchlands, wie z. B. an der Ilfederhütte etc. eireicht.
Ein wefentlicher Fortfehritt ift durch die Anwendung von fehr ftark erhitztem
Wind erzielt worden. Die Einführung der Wittwell feilen Winderhitzungs-
Apparate ermöglicht, den Wind, auf 600 bis 700 Grade Celfius erwärmt, in den
Ofen zu bringen, wodurch wefentlich an Brennmateriale erfpart, in vielen Fähen
eine für manche Raffinirproceffe entfprechendere Qualität von Roheifen zu erzeu
gen ermöglicht wird. Die Qualität der erzeugten Roheifen - Sorten hat fich im
allgemeinen Grofsen gehoben. Das Beftreben, graues Qualitäts-Roheifen tauglich
für die Durchführung des Beffemerproceffes zu erzeugen, führte an vielen Orten
zu entfprechenden Refultaten. Ebenfo begegnen wir nun nicht mehr allein im
Siegen’fchen der regelmäfsigen Erzeugung von Spiegeleifen; Schweden, Oeftei-
reich, Frankreich erzeugen, wenn auch noch nicht fo viel, fo doch w enigftens
fchon current, Spiegeleifen mit einem nahe gleichbleibenden ziemlich hohen
Mangangehalt. Ferromangan wird nicht mehr als Rarität, möchte ich lagen,
fondern hüttenmännifch in Hochöfen oder Siemensöfen erzeugt und vorzüglich
bei der Erzeugung von Qualitätseifen oder Stahl zugefetzt.
In allen Ländern, welche bis jetzt überwiegend Holzkohlen • Roheifen
erzeugten und defshalb ihre Produclion nur wenig mehr fteigern konnten , finden
wir das Beftreben, mineralifche Brennftofte heranzuziehen , um auf diefe Weife
die Produktion mit der Confumtion mehr in Einklang zu bringen.
Der wefentlichfte Fortfehritt, den wir auf der Ausftellung begegneten, ift
von Siemens in der englifchen Abtheilung gebracht worden , indem Siemens die
Oefen und Produkte der direkten Eifenerzeugung aus Erzen in Flammöfen aus-
ftellte. Wenn diefer Procefs auch bis jetzt aus Erzen noch nicht fertiges, brauch
bares Materiale liefert, fo erhält man nach den Angaben Siemens doch ein Pro
dukt ähnlich den Puddlingsluppen, welches ein werthvolles Materiale für die
Durchführung des Siemens-Martinproceffes, der erft jetzt diefen Namen recht ver
dienen wird, ift. Der Hochofen-Procefs wird, wenn die gegebenen Refultate
richtig find, in vielen Fällen umgangen werden können, jedoch nach den bis
herigen Erfolgen zu urtheilen , wenigftens vorläufig, wahrfcheinlich aber nie
unentbehrlich werden. Es wird diefer Procefs vielleicht allen jenen Landern,
welche keine backenden Kohlen, wohl aber reiche Erze und jüngere Kohlen zur
Verfügung haben, die Möglichkeit bieten, ihre Eifenproduklion zu fteigern.
Ebenfo wird diefer Procefs für jene Eifendiftrikte wichtig werden, welche